Macht euch gefasst auf eine Geiselnahme. Mit 11.000.000 Zuschauer*innen.

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tensiar Avatar

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Wer regiert Deutschland wirklich? Ist es tatsächlich die Regierung? Oder sind es nicht viel mehr die Reichen und Mächtigen, die im Hintergrund bleiben oder am Ende diejenigen sind, die entscheiden was passiert? Eine eindrucksvolle Geiselnahme der mächtigsten Personen Deutschlands, die live übertragen liefert, soll Antworten darauf liefern und den Zuschauer*innen gleichzeitig die Möglichkeit bieten nachträglich für Gerechtigkeit zu fordern, denn mit einer weißen Weste ist niemand von ihnen dort gelandet, wo er*sie jetzt ist.

Ich hatte das Glück ein Vorablesen-Exemplar zugeschickt zu bekommen, weswegen ich das Buch schon lesen konnte. Und ich muss sagen, es war großartig. Die Geschichte spinnt sich aus einer Vielzahl von Perspektiven, was mich zunächst irritiert hatte, weil ich nicht durcheinanderkommen wollte. Allerdings liest es sich wesentlich entspannter, wenn man es einfach hinnimmt, nicht immer direkt die richtige Assoziation zu einem Charakter parat zu haben. Anfangs fühlt es sich ein bisschen so an, als hätte man zig Enden eines Wollknäuels in der Hand, das sich irgendwann mit jedem Kapitel mehr und mehr zu entwirren scheint – und dabei ein paar ganz fantastische Wendungen gibt.

Dabei ist die Aktualität einiger Themen geradezu erdrückend. Ständig kam mir der Gedanke, wie viel Realität in einzelnen Aspekten der Geschichte stecken kann und steckt. Dabei schreckt die Autorin auch nicht davor zurück die ein oder andere Spitze auszuteilen, wenn man sich den Interpretationsspielraum erlaubt. ;)

Bei der großen Anzahl an vorkommenden Perspektiven war es natürlich nicht möglich bei allen in die Tiefe zu gehen, aber das war auch gar nicht nötig, weil es darauf zum Teil gar nicht ankam. Insgesamt hat es gereicht, um lebhafte und echte Charaktere zu zeichnen, die mir sehr in der Interaktion untereinander gefallen haben. (Zwei von ihnen erinnerten mich definitiv in einzelnen Nuancen an Charaktere aus einem ihrer Jugendbücher.) Dabei liebe ich es, dass Anne Freytag stets Wert auf Diversität legt, ohne den Aspekt dabei in den Vordergrund zu drängen oder konstruiert wirken zu lassen. (Wir brauchen immer noch ganz dringend mehr Autor*innen, die genau das tun!)

Unterdessen bin ich immer wieder überrascht, wie wandelbar Anne Freytag in der Art uns Weise ist, wie sie schreibt und wie sie Geschichten aufbaut, konstruiert und ihnen Ausdruck verleiht, während ihr Stil dennoch jedes Mal erkennbar ist. Ich kann das wirklich nicht besser beschreiben. Das Buch ist, wie gefühlt alle ihre anderen Bücher, grandios und ich muss mich wirklich zusammenreißen hier nur zu rezensieren und nichts über den Inhalt zu verraten, weil ich echt gerne über das Buch sprechen würde.
„Reality Show“ ist das, was der Klappentext verspricht und doch ganz anders. Es zeichnet eine Realität, die sehr wahr sein könnte und dadurch umso fesselnder ist. Spannend bis zur letzten Seite empfehle ich allen einen Blick ins Buch zu werfen und sich drauf einzulassen.