Realitätsnaher als man denkt

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paatricia Avatar

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Es ist Weihnachten und statt zu feiern sitzt ganz Deutschland vor dem Fernseher - aus gutem Grund, denn auf allen Programmen läuft die gleiche Sendung, die den Zuschauern verspricht, endlich für Gerechtigkeit im Land zu sorgen, die Reality Show.

Anne Freytag ist besonders für ihre tiefgreifenden Jugendromane bekannt, doch mit ihrem neusten Buch hat sie bewiesen, dass sie sich auch in anderen Genres zuhause fühlt.
Reality Show beginnt, eher ungewöhnlich, mit Vorstellungen der Kandidaten, die an diesem ungewöhnlichen Format teilnehmen, statt mit einer Erklärung dessen. Dadurch befindet man sich als Leser direkt inmitten der Geschichte und versucht nach Anhaltspunkten für den Grund der Show zu suchen. Diese Vorstellungen ziehen sich allerdings über knapp 100 Seiten, was für meinen Geschmack ein wenig lang war. Aufgrund der vielen verschiedenen Charaktere, dessen Sicht in diesen Seiten nur ein Mal vorkommt, kam ich recht schnell durcheinander. Als einige der Figuren zu einem späteren Zeitpunkt in der Geschichte noch einmal aufkamen, wusste ich nicht mehr genau, was ihre Hintergrundgeschichte war, die zu Beginn erläutert wurde. Zudem mischen sich die Protagonisten der Realityshow mit weiteren Sichten verschiedener Zuschauer, die teilweise nur ein Mal im gesamtem Buch vorkommen. Einerseits sieht man so unterschiedliche Standpunkte, jedoch war es mir kaum möglich, eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen.

Zum Ende der ersten Hälfte kamen dann drei Freunde hinzu, dessen Sichtweisen abwechselnd beschrieben wurden. Gegenwart und Vergangenheit wurden hier gemixt, sodass man die Figuren recht gut kennenlernen konnte. Leider hat es mir auch hier ein wenig an Tiefe gefehlt.

Grundsätzlich hatte ich das Gefühl, auf keinen richtigen Höhepunkt hinzufiebern. Besonders die ersten 300 Seiten kamen mir eher wie eine Ablaufbeschreibung der Reality Show vor. Erst auf den letzten 100-150 Seiten hat sich die Spannung richtig aufgebaut, davor haben mir "Hinweise" oder Anspielungen auf die Auflösung gefehlt. Diese war leider auch eher unspektakulär und hinsichtlich der vielen Perspektiven recht schwer nachzuvollziehen.

Insgesamt bewerte ich Reality Show jedoch trotz der kleinen Kritikpunkt als gutes Buch! Es ist empfehlenswert für Leser, die sich für Bücher mit politischem Hintergrund interessieren und keinen Psychothriller suchen - ich würde das Buch eher als Jugendthriller beschreiben, was es allerdings keinesfalls schlecht macht! Anne Freytag ist wieder eine tolle Geschichte gelungen, die man perfekt eingekuschelt auf dem Sofa lesen kann!