Verwirrend - zu viele Charaktere

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happymountain Avatar

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„Reality Show“ von Anne Freytag hat bei mir hohe Erwartungen erzeugt: Ein tolles Cover, das etwas an ein gestörtes Sendebild beim Fernsehen erinnert und ein Plot, der jede Menge Action und Spannung verspricht.

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Geschrieben ist das Buch überwiegend in der dritten Person, es gibt allerdings auch ein paar Passagen aus der Ich-Perspektive. Die Kapitel sind überwiegend kurz und knackig, genau wie ich es mag. Ort, Zeit und Perspektive variieren sehr häufig. Prinzipiell gefällt es mir, wenn ich etwas Abwechslung beim Lesen habe, hier jedoch war es einfach zu viel des Guten! Die ständigen Wechsel erschwerten die Orientierung im Buch ungemein. Außerdem konnte man zu keinem der Charaktere eine Bindung aufbauen. Das lag zum Beispiel daran, dass man manche Figuren nur ein einziges Kapitel lang begleitet hat und dass es tatsächlich keine (oder kaum) Charakterbeschreibungen gab (von einer -entwicklung ganz zu schweigen).
Noch schlimmer fand ich jedoch, dass ich manchmal gar nicht mehr wusste, um welche Person es sich eigentlich handelt, was ich da gerade lese. Die Entführer haben nämlich während ihrer „Operation“ Decknamen, die sie nutzen. In den Kapiteln, die jedoch die Entstehung und Planung ihrer Mission erläutern, werden ihre Rufnamen verwendet – und das sind dann leider einfach eine Menge Namen, zu viele Namen!
Die Namen der Entführungsopfer, ihrer Familienmitglieder, Freunde und ihr anwesendes Personal kommen dann auch noch namentlich hinzu und komplettieren das Chaos. Ach und natürlich gab es auch noch die Fernsehzuschauer!
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich hätte hier definitiv ein Personen-Decknamen-Namen- Funktionsregister gebraucht, um zu wissen, mit wem ich es in den jeweiligen Absätzen zu tun habe. Die Verwirrung und die fehlende Bindung zu den Charakteren hat mir tatsächlich jeglichen Spaß am Lesen genommen und erzeugte jede Menge Frust.

Inhaltlich dauerte es auch bis die Reality Show startete, denn zunächst wurden ja alle Entführungen beschrieben - wie schon erwähnt, waren das eine Menge. Übrigens wurden wirklich alle Opfer vorgestellt, auch die, die für die spätere Handlung keine Bedeutung mehr hatten, denn der spannende Teil, die Verurteilungen durch die Zuschauer an den TV-Geräten, wurde nur für zwei oder drei Personen beschrieben… meines Erachtens hätte hier das Lektorat zuschlagen müssen. Wozu noch mehr Figuren, wenn sie danach nie wieder eine Rolle spielen?!

Das Ende (ja, ich habe es echt zu Ende gelesen, keine Ahnung, was mich da geritten hat) gefiel mir übrigens auch nicht. Ich habe es teilweise gar nicht richtig verstanden (#Namensgedächtnis) und es war mir auch einfach viel zu offen. Ich bin ja kein großer Freund davon, wenn ich mir selbst denken soll, wie das Buch ausgeht. #Dankefürnichts

Fazit: Sorry, aber das war leider gar nicht nach meinem Geschmack. Als Drehbuch für eine TV-Produktion könnte ich es mir gut vorstellen und sicher würde es als Film gut funktionieren. Immerhin weiß man dann anhand der Stimmen, Statur und des Aussehens der Figuren, mit wem man es zu tun hat. Im Buch hat das einfach nicht funktioniert. Von mir gibt es deswegen keine Leseempfehlung für euch.