Eingefrorene Kameralinse

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kristall86 Avatar

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Klappentext:


„Von Beruf Fotograf sieht Tom die durch den Winter zum Erliegen gekommene Welt um sich herum wie durch die Linse seiner Kamera. Schon immer hat er sein Leben auf diese Art betrachtet, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er es anhand von Fotografien erzählen kann. All diese Bilder kommen ihm nun in den Sinn: das erste Foto, das er von seiner Frau geschossen hat, die Aufnahmen von Familienfeiern, die ihm seinen Lebensunterhalt sichern, und diejenigen, die er stets zu machen geträumt hat, Fotos jenseits der gängigen Sehgewohnheiten.


Tom hat sich längst damit abgefunden, dass er kein großer Künstler ist. Doch wie soll er damit leben, dass er kein perfekter Ehemann ist? Und dass er vor allem seinem anderen, seinem ältesten Sohn Daniel kein guter Vater war? Tief in seiner Kamera versteckt, gibt es ein Foto von Daniel, das Toms ganze Schuld und ganzes Leid zeigt. Je intensiver Toms innere Zwiegespräche mit Daniel auf dieser Reise werden, desto mehr hofft er, Erlösung und Vergebung zu finden.“





Autor David Park hat mit „Reise durch ein fremdes Land“ eine äußerst lesenswerte und intensive Geschichte verfasst. Seinen Protagonisten Tom lernen wir deutlicher kennen als er es selbst tut. Tom sieht alles durch seine Linse der Kamera und genau dies wird beim erlesen eine sehr intensive Erfahrung für den Leser. Tom hat ein besonderes Sichtfeld zu allen Dingen, so auch zu seiner Familie und seiner Umgebung. Er hält Dinge fest und auf dem Foto sind dann dieser eine Moment mit dem entsprechenden Hauptakteur verewigt. Man kann es als Metapher ansehen oder als den eigentlichen Beruf von Tom aber erschreckender ist es, als wir Leser feststellen müssen, das Tom‘s Blick darauf hin ein anderer geworden ist. Wir reden hier nicht von Betriebsblindheit sondern vom „hinsehen“ auf das Leben und seine Akteuere umzu. Ohne diesen Blick, ohne diese Beobachtungsgabe verlieren Menschen die Realität aus den Augen und genau darauf will Park hier hinaus. Hier geht es um die Suche nach dem Blick hinter die Kamera, auf den Blick ganz tief in den Bildern, auf die Situation die da festgehalten wurde, denn sie läuft weiter, auch ohne das ein Bild gemacht wurde…Wir Leser merken schnell, dass Tom einen gewissen „Film nicht entwickelt“ hat, weil er es einfach nicht kann….Es gibt hier eben Dinge, die Tom gern verdrängt, ausblendet, überbelichtet, retuschiert, unterbelichtet…um in der Fachsprache der Fotografie zu sprechen.


Tom‘s Erinnerungen scheinen unter dem Schnee, der in diesem Buch genau wie auf dem Cover allgegenwärtig ist, begraben zu sein. Das er seinen kranken Sohn an Weihnachten bei sich haben will, ist dies verständlich und auch noch so viel mehr. Der Schnee wird hier zum Schutzmantel der Geschichte und zeigt mit jeder Flocke wie vergänglich alles ist - das kann man nicht in Bildern festhalten, genau wie das Leben an einem vorbei zieht und alles vergänglich ist…“Bilder sagen mehr als tausend Worte“ aber sie können nur den Moment festhalten und nicht den Weitergang zeigen…


David Park hat hier einen kühlen, feinstimmigen und äußerst intensiven Roman verfasst, der sehr nachhallt und zum nachdenken viele Anregungen gibt. Für mich jedenfalls eine ganz tolle Leseerfahrung und genau deshalb gibt es sehr gute 4 von 5 Sterne!