Wo endet die Realität?

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lemmi Avatar

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Die packendsten Thriller sind oft jene, welche ein Szenario aufbauen, das genau so passieren könnte und genau darunter fällt „Reset“ von Peter Grandl.

Das Buch startet grandios, die heile digitale Welt stürzt urplötzlich ins Chaos, niemand kann mehr digitalen Inhalten trauen. Falsche Videobotschaften? Gehackte Firmensoftware? Alles was doch immer so schön reibungslos programmiert lief, wird zum Sicherheitsproblem. Schnell wird ein Expertenteam gebildet, um die Lebensgrundlagen der Menschen zu sichern und es schlägt die Stunde der Menschen mit analogem Hintergrundwissen.

Die agierenden Personen sind teilweise sehr vielschichtig beschrieben, einige wirken jedoch etwas stereotyp dargestellt. Der ausgebrannte Polizist ist ebenso vertreten wie hochintelligente Frauen, an denen ständig die Selbstzweifel nagen. Manche Kapitel haben mir regelrecht den Atem genommen, so fesselnd sind sie geschrieben. Bei denen passt alles zusammen wie die Darstellung der Charaktere, der Handlungsablauf und der Sprachduktus. Doch gegen Ende des Buches gibt es durchaus auch schwächere Momente, da erschienen mir die verdichteten Handlungen manchmal doch recht konstruiert.

Insgesamt fand ich den Roman jedoch sehr abwechslungsreich und gelegentlich habe ich sogar geschaudert, als ich mir die Szenen plastisch vorstellte. Wie gerne hätte ich den roten Reset Button auf dem Frontcover gedrückt, doch der ist leider nur aufgedruckt.

Vom Gefühl würde ich meinen, daß Lesende, die aus ihrer Schulzeit noch den Duft von Matrizendruckern in der Nase haben, sich bei vielen Szenen königlich amüsieren dürften, hier hat dieser Roman seine großen analogen Momente. Auch den Faust von Goethe zu kennen, schadet bei der Lektüre nicht und erklärt einiges. Das heißt jedoch nicht, dass Jüngere diesen packenden Thriller nicht auch schätzen werden.

Denn ergänzend zur spannenden Story sendet dieses gut gemachte Buch noch eine ganz andere Botschaft: Glaubt nicht alles, was man euch digital vorsetzt, übt euch im kritischen Hinterfragen und Mitdenken ist echt nicht verboten.