Ränkespiel im Schatten der Macht

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heidi59 Avatar

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November 1972

Deutschland im Aufschwung. Die Wirtschaft brummt , die Menschen sind zufrieden und das zeigt sich auch bei den Bundestagswahlen vom 19.November .
Bei fast 92 % Wahlbeteiligung ,hat die SPD zusammen mit Kanzlerkandidat Willy Brandt , 45,8% der Zweitstimmen erhalten und das beste Wahlergebnis aller Zeiten für die Partei eingefahren. Der charismatische Redner Willy Brandt hat die Menschen überzeugt , ist als Kanzler gewählt und verdrängt so seinen siegessicher geglaubten Gegenspieler Rainer Barzel , samt Partei CDU, aus dem schon sicher geglaubten Kanzleramt .
Natürlich ist der Wahlausgang auch das Gesprächsthema im Bonner “Rheinblick” .
Niemand kennt das Bonner Polittheater besser als Rheinblick Wirtin, Hilde Kessel . Bei ihr treffen sich jeden Tag Hinterbänkler und Minister, Sekretärinnen und Taxifahrer. Hilde kennt jeden der aufstrebenden Kofferträger und Minister persönlich . Natürlich könnte sie so einiges erzählen , von dem was an den Tischen so geredet und verhandelt wird . Macht sie aber nicht !
Hildes Mund ist verschlossen wie ein Grab ! Bei ihr ist jedes Gespräch der Politiker TOP SECRET.
Der Wahlkampf war für alle sehr anstrengend , doch am meisten für die Stimme des Kanzlers . Bedingt durch die unendlich vielen Wahlkampfauftritte und Reden haben seine Stimmbänder stark gelitten, und versagen jetzt . Eine Operation ist unumgänglich.
Als der Koalitionspoker nach der Bundestagswahl härter wird, wird Hilde in das politische Ränkespiel verwickelt. Verrat ist die gültige Währung.
Gleichzeitig kämpft in der Abgeschiedenheit einer Bonner Klinik auf dem Venusberg , die junge Logopädin Sonja Engel mit Willy Brandt nach der Operation ,um seine Stimme, die ihm noch in der Wahlnacht versagte. Doch auch sie gerät unter Druck. Beide Frauen sind erpressbar. Für Hilde steht ihre Existenz auf dem Spiel, Sonja will ihre kleine Schwester beschützen. Wie werden sie sich entscheiden?
Und dann gibt's da noch Lotti, die junge und ehrgeizige Journalistin, die ihre Nase ungefragt in dem Mordfall mit dem toten Mädchen in der Heilsarmee Uniform reinsteckt und dabei so einige Missstände in den Kinderheimen und Ungereimtheiten in der Mordermittlung aufdeckt .



Brigitte Glaser erzählt in ihrem neuen Roman die mitreißende Geschichte von der Zeit um die Bundestagswahlen von 1972 . “Rheinblick” bietet ein großes Aufgebot an Politprominenz , wie sie wohl selten in einem Roman zusammen anzutreffen ist .
Große Namen, die viel für die positive Entwicklung der BRD getan haben , treten hier hier auf die literarische Bühne der Autorin . Willy Brandt , Helmut Schmidt , Horst Ehmke , Egon Bahr , Rainer Barzel oder Günter Guillaume, sind hier aber nicht alle die Hauptdarsteller , sondern sie verleihen dem Geschehen einen tollen authentischen und atmosphärisch perfekten Rahmen .
Mich hat der Roman Dank des sehr lebendigen Schreibstil in meine frühe Jugend entführt . Im Alter von 12 Jahren hatte mich das Polittheater um die zukünftige Kanzlerschaft von Willy Brandt oder Rainer Barzel nicht unbedingt interessiert. Dafür verschlinge ich heute die Geschichten von Damals . Die Autorin versteht es gut ihre Erzählung sehr realistisch und plastisch darzustellen und mit ihrer Geschichte von den Menschen, im Schatten der Macht , zu fesseln . Absolut authentisch und sehr geschickt , verwebt sie historisch belegtes Zeitgeschehen , mit ihrer fiktiven Geschichte und spinnt so die Fäden für eine großartige Erzählung. Zusammen mit den damals realen Protagonisten ,hauchen einige frisch und differenziert skizzierte , neue starke Charakter , der Geschichte ihr Leben ein und machen das Lesen zum Vergnügen .
Für mich ein rundum gelungener Ausflug in die politische Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland . Brigitte Glaser hat es mit einem Federstrich geschafft , das Thema Polittheater hochspannend zu erzählen ohne dabei das menschliche der Akteure aus den Augen zu verlieren .

Ich habe mich mit dem tollen Roman bestens unterhalten und spannende Lesestunden gehabt.
Sehr gerne vergebe ich dafür
5 Sterne
sowie eine unbedingte Leseempfehlung


@heidi59



Ich bedanke mich ganz herzlich bei Vorablesen und dem List Verlag , für das tolle Rezensiopnsexemplar