„Clever, mutig, fair – warum ›Robin the Hood‹ Kindern zeigt, was richtig ist“

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
nami85 Avatar

Von


Mit „Robin the Hood – Wie klaut man eine Stadt?“ hat Erfolgsautor Rüdiger Bertram (bekannt u. a. durch Coolman und ich oder Die Jungs vom S.W.A.P.) ein Kinderbuch geschaffen, das klassische Abenteuerstoffe mit zeitgemäßer Action, Technik und Humor verbindet. Erschienen im Oktober 2025 beim cbj Verlag, richtet sich das Buch an Kinder ab etwa 10 Jahren – und dürfte sowohl Leseratten als auch bisher eher lesefaule Kids überraschen.

Handlung: Eine Stadt soll gestohlen werden

Die Geschichte beginnt rasant: Der junge Robin, ein talentierter Dieb mit Sinn für das Gerechte, wird von einer mysteriösen Organisation angesprochen. Seine Mission klingt völlig absurd – er soll eine Stadt stehlen. Bald wird klar: Gemeint ist nicht etwa eine echte Stadt, sondern ein Miniaturmodell, in dem ein gefährlicher Virus versteckt ist. Zusammen mit der cleveren Agentin Mary begibt sich Robin auf eine irrwitzige Mission voller technischer Tricks, Geheimagenten, Drohnen und riskanter Wendungen.

Bertram gelingt dabei eine spannende Mischung aus Agententhriller und Kinderabenteuer. Die Handlung ist temporeich, voller Witz und überraschender Ideen – ohne die jungen Leser zu überfordern. Das Konzept, eine Stadt zu „klauen“, ist herrlich überdreht, gleichzeitig clever konstruiert und sorgt für viele Momente, in denen man einfach weiterlesen möchte.

Sprache und Stil

Rüdiger Bertram bleibt seinem typischen Stil treu: leicht, humorvoll, flott. Seine Sprache ist klar und lebendig, ohne anbiedernd zu wirken. Kinder werden mitgenommen, nicht belehrt. Erwachsene, die mitlesen, merken schnell, wie viel Sprachwitz und Ironie zwischen den Zeilen steckt.

Die Kapitel sind kurz gehalten, jedes endet mit einem kleinen Cliffhanger – ein bewährtes Stilmittel, um Kinder bei der Stange zu halten. Besonders gelungen ist die Dialogführung: Die Gespräche zwischen Robin und Mary wirken authentisch, frech und gleichzeitig herzlich. Hier zeigt sich Bertrams Erfahrung im Schreiben für jüngere Leser – er weiß, wie man Spannung erzeugt, ohne dass es zu düster wird.

Figuren und Themen

Die Hauptfigur Robin ist eine moderne Version des klassischen Robin Hood – ein sympathischer „Dieb“, der nur stiehlt, um Schlimmeres zu verhindern. Seine moralische Zerrissenheit, seine Cleverness und sein Sinn für Fairness machen ihn zu einem spannenden Helden, mit dem sich Kinder gut identifizieren können.

Mary, seine Partnerin, ist das perfekte Gegengewicht: mutig, rational, und ein bisschen geheimnisvoll. Ihre Dynamik erinnert an ein ungleiches, aber harmonisches Duo aus einem Buddy-Movie – mit viel Situationskomik und gegenseitiger Unterstützung.

Im Kern geht es in diesem Buch um Teamwork, Gerechtigkeit, Verantwortung und die Frage, was richtig und falsch ist. Darf man Gesetze brechen, wenn man dadurch Gutes tut? Diese moralische Ebene verleiht der Geschichte Tiefe, ohne belehrend zu sein.

Wertevermittlung und Relevanz

Ein großer Pluspunkt ist, dass Bertram seine Geschichte nicht nur spannend, sondern auch wertorientiert erzählt. In einer Welt, in der Heldentum oft laut, gewaltsam und oberflächlich dargestellt wird, ist Robin ein smarter, leiser Held. Er vertraut auf Köpfchen, Kreativität und Teamarbeit – nicht auf rohe Kraft.

Das Buch regt Kinder an, über Gerechtigkeit und Verantwortung nachzudenken, ohne sie mit moralischen Lektionen zu langweilen. Gerade Eltern werden diesen Aspekt zu schätzen wissen, denn die Geschichte bietet zahlreiche Gesprächsanlässe:
Was bedeutet es, „das Richtige“ zu tun?
Kann man Unrecht mit Unrecht bekämpfen?
Und warum ist es wichtig, aufeinander zu vertrauen?

Diese Themen sind in Bertrams gewohnt humorvoller Verpackung angenehm leicht zugänglich – und dadurch umso wirkungsvoller.

Gestaltung und Lesefluss

Das Buch ist ansprechend gestaltet und enthält Illustrationen von Horst Hellmeier, die den Ton der Geschichte perfekt treffen. Der Zeichenstil ist modern und verspielt zugleich, unterstützt die Atmosphäre und sorgt für kleine Pausen im Lesefluss – ideal für Kinder, die noch etwas Motivation beim Lesen brauchen.

Der Erzählrhythmus ist angenehm abwechslungsreich: rasante Actionsequenzen wechseln sich mit ruhigeren, emotionalen Momenten ab. Dadurch bleibt das Buch durchgehend spannend, ohne hektisch zu wirken.

Kleine Kritikpunkte

Einige Eltern könnten anmerken, dass das Virus-Motiv in Zeiten von Pandemie-Erfahrungen ein sensibles Thema ist. Zwar wird es im Buch kindgerecht behandelt, aber für sehr empfindsame Leser kann es kurz irritierend wirken. Außerdem sind manche technischen Elemente – etwa Drohnen, Computerhacks oder Geheimdienstgeräte – recht modern und vielleicht nicht für jedes Kind leicht nachvollziehbar.

Trotzdem: Diese kleinen Stolpersteine schmälern das Lesevergnügen kaum. Im Gegenteil – sie machen „Robin the Hood“ zu einem zeitgemäßen Abenteuer, das Kinder dort abholt, wo ihre Neugier auf Technik, Action und cleveres Denken wächst.

Fazit

Mit „Robin the Hood – Wie klaut man eine Stadt?“ beweist Rüdiger Bertram einmal mehr, dass Kinderliteratur gleichzeitig spannend, witzig und moralisch relevant sein kann. Das Buch verbindet Abenteuer und Nachdenklichkeit, Action und Humor – und das auf eine Weise, die jungen Leserinnen und Lesern echten Spaß macht.

Wer ein Buch sucht, das Lesemotivation fördert, Gesprächsstoff liefert und gleichzeitig wunderbar unterhält, liegt hier goldrichtig.
Ein moderner Robin Hood, der nicht Pfeile schießt, sondern mit Verstand und Herz kämpft – genau das, was Kinderliteratur heute braucht.

Bewertung: ⭐⭐⭐⭐½ von 5 Sternen