Ist ein Fälscher nur ein Kopist oder selbst ein Künstler?

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takabayashi Avatar

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In seinem Debut-Roman führt uns Tötschinger in die (sehr nahe) Zukunft: ins Jahr 2022, in dem es im Kunsthistorischen Museum von Wien ein missglücktes Bombenattentat auf das sehr kostbare Bild „Die Malkunst“ des Malers Jan Vermeer gegeben hat.
Der Restaurator Clemens Hartmann, Protagonist und Erzähler dieser Geschichte, ein hingebungsvoller Meister seines Fachs und dessen Assistent Hubert bekommen den Auftrag, das Bild zu restaurieren, doch nicht die von ihnen geforderte Zeitspanne von 9 Monaten, nein, sie sollen das Bild innerhalb von 3 Monaten wiederherstellen, damit der amtierende junge Kanzler (unschwer als Anspielung auf Sebastian Kurz zu erkennen) es zu Repräsentationszwecken in seinem Amtssitz aufhängen kann. Außerdem sollen nun auch Museen nach modernen betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt werden. Das missfällt den beiden Restauratoren, die sich nur ungern unter Zeitdruck setzen lassen, denn der macht eine gewissenhafte und perfekte Restaurierung unmöglich. Und auch der Künstler Vermeer, von dem Hartmann den Eindruck hat, dass er mit ihm spricht, ist strikt dagegen und will im Museum bleiben, nachdem das Bild im Laufe der Jahre viel herumgekommen ist und sogar Hitler beinahe in die Hände gefallen wäre. Die Geschichte des Bildes wird in kleinen Exkursen durch alte Dokumente dargestellt.
Meister und Schüler wissen sich schließlich keinen anderen Ausweg, als eine Kopie anzufertigen und diese mit dem Original zu vertauschen. Wird das gelingen? Die Dialoge in diesem Roman aus der Kunstwelt sind oft hochkomisch, man bekommt einen guten und verständlichen Einblick in die Kunst des Restaurierens, eine philosophische Abhandlung über die Kunst, darüber ob Kopien Kunst oder Fälschung sind, etc. und manchmal sogar einen regelrechten „Heist“ Krimi - ein interessanter Genre-Mix!
Der Autor behandelt diese vielleicht etwas akademisch wirkenden Themen mit großer Leichtigkeit und auf sehr unterhaltsame Weise. Ich habe diesen Roman mit großem Vergnügen gelesen und kann ihn uneingeschränkt weiterempfehlen.