Berührend und ungewöhnlich

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frostyface Avatar

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Während einer Premiere, bei der Romy als Souffleuse arbeitet, erreicht sie die Nachricht des Todes ihrer Oma. Nicht allein deswegen scheitert die Vorstellung kläglich, Romy wird gekündigt und sie entschließt sich, zurück in ihre Heimat Großzerlitsch zu ziehen. In diesem kleinen Dorf hat inzwischen ein mehr oder weniger inoffizieller Wettbewerb der dort lebenden Alten um die letzten Gräber des einzigen Friedhofes begonnen, denn jeder möchte unbedingt in der Heimat und nicht im größeren Nachbarort neben Fremden begraben werden.
Als Romy die Versuche ihrer geliebten Dorfbewohner bemerkt, steht für sie fest, dass sie dabei nicht tatenlos zusehen wird. Stattdessen reift in ihr die Idee, ein elisabethanisches Theater aus der Scheune auf dem Grundstück ihrer Oma zu bauen - ein Projekt, wofür sie ihr Erspartes und das Erbe ihrer Oma nutzen und womit sie die Großzerlitscher motivieren will, ihre verbliebene Lebenszeit zu genießen, anstatt ihre Leben wegen eines Grabplatzes zu riskieren.

Zunächst sollte vielleicht erwähnt werden, dass durch Titel, Cover, Leseprobe und vielleicht auch den Klappentext der Eindruck entstehen könnte, "Romeo & Romy" sei vor allem ein Liebesroman. Das trifft meiner Ansicht nach nicht zu, denn im Vordergrund stehen viel mehr Themen wie Heimat, Alter, Familie und die Verbindung zwischen bzw. die Beziehung von Romy und den Dorfbewohnern, in deren Mitte sie aufgewachsen ist. Zwar sind auch zwei Liebesbeziehungen Bestandteil des Buches, jedoch stellen diese meines Erachtens eher eine Randerscheinung dar.
Mich hat das allerdings keineswegs gestört, stattdessen war ich positiv überrascht von der Tiefe des Buches. Zudem mag ich den Schreibstil sehr, habe die liebevoll gestalteten Charaktere schnell ins Herz geschlossen und konnte die Geschichte bildlich vor mir sehen. Aus diesen Gründen viel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Ferner gibt es mehrere kleine Wendungen, von denen die Mehrheit allerdings wenig überraschend ist. Zusammen mit der den Großteil des Buches einnehmenden langsam voranschreitenden Handlung - der Bau des Theaters dauert eben seine Zeit - und dem einen oder anderen Aspekt, der in meinen Augen nicht sonderlich realistisch war, ist das der Grund für den abgezogenen Stern bei meiner Bewertung.
Dennoch war mir während des Lesens nie langweilig, da trotzdem immer etwas passiert, weswegen man weiterlesen möchte, obwohl die Spannungskurve erst in den letzten hundert Seiten erheblich ansteigt und ein Ereignis rasch auf das nächste folgt.

Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sich für die angesprochenen Themen interessiert, gern emotional mit dem Geschehen mitfühlt (meine Augen sind nicht trocken geblieben) und nicht einen Liebesroman oder eine von Anfang an sehr spannende Geschichte erwartet.