Ein altes Poesiealbum

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clara_fall Avatar

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Sophie Lensing beendet den langen Abend, nachdem sie Physikklausuren ihrer Studenten korrigiert hat, mit dem Ritual, in ihr Facebook-Account zu schauen und diverse Postings zu lesen. Das erinnert sie zum Beispiel an ihre aktuelle Armseligkeit, sich mit ihrem Kollegen Prof. Martin Krüger einzulassen, der jedoch verheiratet ist und deren Frau zu ihren Facebook-Freunden gehört. Ausserdem erhält sie die Information, dass Mark & Klößchen, ihr Vater und ihre Stiefmutter, auf gepackten Koffern sitzen und sich auf eine sechsmonatige Reise durch Australien freuen.
Am nächsten Tag trifft sie sich mit ihren Freundinnen Vanessa und Sandra, mit denen sie in Studentenzeiten eine Wohnung geteilt hatte, in einem Cafè, um unter anderem ihr derzeitges Liebesleben durchzuhecheln. Da dies bald die Grenzen der Peinlichkeiten erreicht, wechseln sie in Sophies Wohnung. Auf dem Weg dorthin begegnen sie dem neuen Nachbarn - ein Italiener namens Luca, Pizzabote und im Moment im Besitz eines kaputten Motorrollers. Recht schnell ergreift Vanessa die Gelegenheit und ist schon bald mit ihm unterwegs. Die anderen beiden begeben sich in Sophies Wohnung, die ein seltsames Päckchen aus ihrem Briefkasten geholt hat und deren Inhalt sich bald als altes Poesiealbum aus den Kindertagen ihrer sehr früh verstorbenen Mutter erweist. Als sie gemeinsam darin blättern, kommen die alten Klassiker zum Vorschein und bringen erst einmal nicht viel Tiefgang mit.

Leider habe ich in dieser LP den Tiefgang vermisst - langweiliges Geplänkel unter Freundinnen, die gewöhnlichen Probleme im Alltag. Nichts, was bereits etwas Tiefgründiges, Spannendes mitbringt, außer vielleicht einigen hingeworfenen Zitaten eines altehrwürdigen Philosophen. Ansonsten zeichnet sich schon eine gewisse Vorhersehbarkeit ab: der seltsame Nachbar wird letztendlich Sophies große Liebe, aber erst muss sie sich noch auf den Weg zu all den Freundinnen ihrer Mutter machen, die ihr bestimmt Ungeahntes aus deren Leben erzählen können. Das Cover vermittelt eine gewisse verstaubte Nostalgie, die unpassend den Zeitcharakter widerspiegelt - sollte Sophies Mutter in den 70er Jahren ihre Kindheit und Jugend erlebt haben, dann wurde zu dieser Zeit nicht mehr diese großmütterliche Unterwäsche getragen. Alles in allem reizt mich dieses Buch überhaupt nicht, schade. Der Titel hatte spannender auf mich gewirkt als das, was ich bisher lesen durfte.