Ein Menschenleben

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schwedenbiene Avatar

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Mit einer sehr ausdrucksstarken, etwas distanzierten Schreibweise nimmt uns der Autor mit in eine schlimme Zeit.
Sasha Filipenko schafft es auf nur 280 Seiten ein ganzes Leben zu beschreiben. In Kurzen, klaren
Sätzen wird durch die Figur Tatjana das ganze Grauen des Stalinismus deutlich.
Eine spannender und sehr berührender Roman. Dokumentarisch belegt und durch die zitierten Originaldokumente
wird das Grauen noch untermauert. Dokumente an das Rote Kreuz verzweifelte Appelle an die Menschlichkeit.
Diese nüchternen Aufzählungen gehen unter die Haut, machen das Böse greifbar.
Erzählt durch zwei Charakteren, die so echt und kompliziert wirken wie das Leben selbst.
Zwei Welten, zwei Menschen treffen aufeinander. Die eine muss sich alles von der Seele reden, kämpft gegen das Vergessen und der andere muss sich der Gegenwart stellen. Sein Leben wieder in den Griff bekommen.
Die Charaktere und der Aufbau sind sehr überzeugend und authentisch. Die beiden Figuren sind wunderbar gezeichnet und ergänzen sich. Hier wird die russische Seele perfekt eingefangen.
Z.b. mit den eingefügten Gedichten.

Ich finde es sehr gut, das dieses Thema aufgegriffen wurde. Gerade die Korrespondenz aus den Archiven macht
dieses Buch so interessant. Vor allem jetzt wo Putin alles unter Verschluss hält.
Es wurde Zeit das darüber berichtet wird.
Ein sehr wichtiger Roman.
Eine Leseempfehlung.

Diese wunderbaren Sätze sollen noch genannt werden:

Ich frage: "Warum hat Stalin so einen kleinen Kopf?" Den alten hat jemand abgehauen. Wir haben bei der
Behörde einen neuen bestellt, aber mit der Größe ist etwas schiefgegangen.
Das Bild, ein dunkelgraues Quadrat. Was stellt es dar? Mein Leben!
Gott hat Angst vor mir. Zu viele unbequeme Fragen kommen da auf ihn zu.
Stalins Experiment war geglückt, gefangen war der Mensch nicht länger in einem Anstaltsgebäude,
sondern in seinem eigenen Schicksal.