Eine Geschichte mit Geschichte

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justm. Avatar

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Während Alexander versucht durch und nach einem Umzug neu anzufangen, um so die Vergangenheit hinter sich zu lassen, würde seine neue Nachbarin, die über 90-jährige Tatjana vieles dafür geben, daß sie ihre Vergangenheit nicht vergisst, denn sie hat Alzheimer.
Während Alexander zunächst genervt von der Alten und ihren Geschichten ist, so kann er sich ihrer Faszination bald nicht mehr entziehen und saugt jedes Teil der Lebensgeschichte der alten Dame in sich auf und erzählt ganz nebenbei auch seine eigene.

Der Leser hingegen bekommt viel mehr, als nur einen Einblick in zwei Leben, sondern vor allem in einen (dunklen) Teil der Sowjet-Geschichte. Zugegebenermaßen sollte man dafür zumindest ein wenig an Interesse mitbringen, denn während viele Teile des Buches sehr kompakt herkommen, werden gerade historische Dokumente (in Form von Telegrammen) detailliert wiedergegeben und fordern ihre Aufmerksamkeit.

Filipenko schafft es so, auf weniger als 300 Seiten, einen Bogen über fast ein Jahrhundert zu ziehen und dennoch zwei Leben miteinander zu verknüpfen; schafft es klarzumachen, daß Geschichte nicht nur das ist, was hinter uns liegt, sondern etwas ist, aus dem es zu lernen gilt!


Eine Affinität zur (Sowjet-)Geschichte kann beim Lesen definitiv nicht schaden, genauso wenig, wie der Willen sich nach dem Ende dieses Buches eventuell noch ein wenig mehr mit der Materie zu beschäftigen - zumindest ging es mir so, aber ich überlasse das natürlich jedem selbst.