Wichtiges Buch gegen das Vergessen und über Freundschaft über Altersgrenzen hinaus

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nekleenelesemaid1978 Avatar

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Als ich dieses Buch bei Vorablesen entdeckt & die Leseprobe gelesen habe, war ich schon nach den ersten Seiten ziemlich begeistert. Es war nur ein kleiner Bruchteil des Buches.Nur der Beginn einer Geschichte und einer Freundschaft sowohl vom 30jährige Alexander & der 91jährigen Tatjana als auch von mir und diesem Werk hier: Rote Kreuze. Selten habe ich ein Buch gelesen, dass in dieser scheinbaren Nüchternheit so berührend daherkommt. Rote Kreuze gleicht einer Biographie des Lebens, einem Bericht über die sowjetische Herrschaft im 20. Jahrhundert und der Aufarbeitung eines zerstörten Lebens. All dies vereint Sasha Filipenko in diesem großartigen Roman. Sein Schreibstil prahlt nicht mit emotional mitreißenden Worten. Dennoch berührte es mich von Beginn an. Er verpackt die Greueltaten der stalinistischen Zeit in die Erzählung einer an Amnesie erkrankten & dennoch immer noch kämpferischen alten Dame, die ihr Leben lang mit einer schweren Schuld leben muss.

Tatjanas Leben scheint am Anfang noch schön und lebendig zu sein, doch bald holen auch sie die Schrecken des 20. Jahrhunderts ein: Zweiter Weltkrieg, stalinistische Herrschaft mit all ihren grausamen Taten und Verfolgungen. Ein glückliches Leben endet abrupt und brutal. Was sie erzählt, klingt so unwirklich und grausam. Aber es darf nicht vergessen werden. Es darf nicht vergessen werden, was Menschen einander antun können, weil die politische Gesinnung oder relgiöse Zugehörigkeit einen Gerechtigkeitssinn und Verfolgungswahn auslösen, der in alles und jedem einen Feind sieht. So vergangen wie diese Geschichte von Tatjana hier ist, so wichtig und unvergessen muss sie bleiben. Dabei geht es nicht nur um die Schatten der russischen Vergangenheit in den sowjetischen Republiken sondern auch die der Deutschen und den anderen Ländern. Keine Schuldzuweisung, keine Rache! NUR nicht vergessen! Das ist wichtig! Und deshalb muss weiterhin darüber erzählt und geschrieben werden, so wie Tatjana dem jungen Alex ihre Geschichte erzählt, damit sie nicht vergessen wird. Denn Tatjana hat Alzheimer, ihre Erinnerungen an ihr Leben ist bald ausgelöscht. Ein Plan von Gott, meint sie, damit er sich nicht erklären, sich rechtfertigen muss, über all das Leid, was ihr angetan wurde.

Filipenko erschuf hier ein bedrückendes und berührendes Werk, an das ich mich noch sehr lange erinnern werde und zeigt auf, dass man gegen das kollektive Vergessen viel machen kann. Geschichten erzählen, Aufklärung betreiben, Wahrheiten aufdecken & Gedenken an die Opfer! Ein großartiges Werk!