Wie viel kann ein Mensch ertragen?

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elainelau Avatar

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Weißrussland zu Beginn der 2000er Jahre. Ein junger Mann zieht in ein Wohnhaus in dem auch eine über 90 Jahre alte Frau lebt. Er - Alexander - will eigentlich mit seiner bisherigen Vergangenheit abschließen, neu anfangen und vergessen was war. Sie - Tatjana Alexejewna - leidet an Alzheimer, hat aber trotzdem das Bedürfnis anderen ihre Leidensgeschichte zu erzählen.
So unterschiedlich beide sind und so verschiedenen ihre Wünsche und ihr Umgang mit ihrer jeweiligen Vergangenheit auch sind, so sehr steht das Heilen der Wunden der Vergangenheit im Vordergrund. In der_m jeweils anderen finden beide mit der Zeit einen Menschen, mit dem sie über die Vergangenheit sprechen können, eine_n Zuhörer_in und jemanden, die_der einfach da ist.
Dem Autor Sasha Filipenko gelingt mit "Rote Kreuze" ein berührend erzählter Roman über die Zustände in der damaligen Sowjetunion seit 1941 und über heutige Möglichkeiten das Absterben eines menschlichen Körpers über Monate aufrecht zu erhalten. Gespickt ist das Buch auch mit historischen Dokumenten des Rote Kreuzes an die sowjetische Regierung - daher auch der Titel des Buches -, was meines Erachtens zu einer vom Autor bewusst gewollten Abrechnung mit dem Stalinismus beiträgt und das unterbewusste Gefühl entstehen lässt, dass das Deutsche Reich weniger schlimm gewesen wäre als die Sowjetunion. Klar, das Buch ist aus der Sicht Verfolgter des Stalinismus geschrieben, es lässt aber eine Tendenz erkennen, die ich für ziemlich problematisch halte, so dass ich das Buch nicht unbedingt empfehlen kann.