Liebesgeschichte in der Vorwendezeit
Es wird sehr viel Tee getrunken in Nikoletta Kiss‘ Roman. Man sitzt zusammen, raucht und redet, oft aber bleibt viel ungesagt. Martá, die Ich-Erzählerin, fühlt sich in diesen Gesprächen sehr oft missbraucht als „Mülleimer für den Seelenkram all dieser Leute“. Sie ist daran nicht unschuldig. Denn sie ist eine Frau, die zuhört, geliebt werden will, Nähe sucht und so scheinbar findet und dann doch nicht wirklich. Denn das Leben besteht ja nicht aus Zuhören. So weiblich, so toxisch, so ärgerlich! Wenn sie die Initiative ergreift, bereut sie es gleich wieder. Die Protagonistin ist eine Frau, die in Beziehungsdingen kaum Eigeninitiative zeigt und einmal in Panik eine verheerende Entscheidung trifft. Die Schuld verfolgt sie.
Es geht um zwei Frauen und einen Mann, eine Dreiecksbeziehung. Der Roman hat zwei Ebenen, die Erzählgegenwart der erwachsenen und erfolgreichen Übersetzerin Martá und den Rückblick auf ihre Vor-Wende-Vergangenheit zwischen Budapest, Berlin und Wien.
In ihrer Kindheit und Jugend am Balaton sind Martá und Theresa unzertrennliche Freundinnen. Die enge Beziehung hält allerdings den Herausforderungen des Erwachsenseins und der Trennung nicht stand. Auf beiden Seiten wird dies verdrängt. Beide fühlen sich zum selben Mann hingezogen, einem ostdeutschen Schriftsteller im Umkreis verrauchter Dissidentenwohnungen am Prenzlauer Berg in Berlin. Konstantin Berger heißt der Traummann, ungreifbar und deshalb so anziehend. Passiv, wie sie ist, wartet Martá auf eine Umarmung, die nicht kommt. Die spontane und aktive Theresa schnappt ihn ihr weg. Zum schriftstellerischen Austausch ist Martá aber gut genug, irgendwann auch zu mehr. Am Ende glaubhafte Selbstermächtigung.
Der Hintergrund der Handlung ist die Zeit der Stasi in der DDR und der Geheimpolizei in Ungarn. Zensur und Repression, konspirative Treffen und Untergrundarbeit, eine Jugend im schrecklichen Jugendwerkhof. Gut gefallen haben mir szenisch erzählte Passagen in Cafés, beim Warten auf einen Brief, beim nächtlichen Gang durch Budapester Straßen, … Und im zweiten Teil wird’s auch spannend, was mit der Entscheidung Martás zusammenhängt, einen Brief zu schreiben, der Theresa und Konstantin in eine äußerst gefährliche Situation bringt. Allerdings habe ich mich gefragt: Kann es sein, dass sich eine Ungarin damals nicht bewusst war, dass DDR-Behörden Briefe öffneten? Kann jemand, dem bewusst ist, dass Telefone abgehört werden, so naiv sein, einen Brief zu schreiben, der dazu angetan ist, die Adressatin ins Gefängnis zu bringen? Vielleicht ist die Verzweiflung der Protagonistin so groß, dass sie verdrängt, was bittere Realität gewesen ist. Die Ich-Perspektive lässt das im Dunkeln.
Keine literarische Offenbarung, aber ein schöner Unterhaltungsroman für Menschen, die an Zeitgeschichte interessiert sind.
Es geht um zwei Frauen und einen Mann, eine Dreiecksbeziehung. Der Roman hat zwei Ebenen, die Erzählgegenwart der erwachsenen und erfolgreichen Übersetzerin Martá und den Rückblick auf ihre Vor-Wende-Vergangenheit zwischen Budapest, Berlin und Wien.
In ihrer Kindheit und Jugend am Balaton sind Martá und Theresa unzertrennliche Freundinnen. Die enge Beziehung hält allerdings den Herausforderungen des Erwachsenseins und der Trennung nicht stand. Auf beiden Seiten wird dies verdrängt. Beide fühlen sich zum selben Mann hingezogen, einem ostdeutschen Schriftsteller im Umkreis verrauchter Dissidentenwohnungen am Prenzlauer Berg in Berlin. Konstantin Berger heißt der Traummann, ungreifbar und deshalb so anziehend. Passiv, wie sie ist, wartet Martá auf eine Umarmung, die nicht kommt. Die spontane und aktive Theresa schnappt ihn ihr weg. Zum schriftstellerischen Austausch ist Martá aber gut genug, irgendwann auch zu mehr. Am Ende glaubhafte Selbstermächtigung.
Der Hintergrund der Handlung ist die Zeit der Stasi in der DDR und der Geheimpolizei in Ungarn. Zensur und Repression, konspirative Treffen und Untergrundarbeit, eine Jugend im schrecklichen Jugendwerkhof. Gut gefallen haben mir szenisch erzählte Passagen in Cafés, beim Warten auf einen Brief, beim nächtlichen Gang durch Budapester Straßen, … Und im zweiten Teil wird’s auch spannend, was mit der Entscheidung Martás zusammenhängt, einen Brief zu schreiben, der Theresa und Konstantin in eine äußerst gefährliche Situation bringt. Allerdings habe ich mich gefragt: Kann es sein, dass sich eine Ungarin damals nicht bewusst war, dass DDR-Behörden Briefe öffneten? Kann jemand, dem bewusst ist, dass Telefone abgehört werden, so naiv sein, einen Brief zu schreiben, der dazu angetan ist, die Adressatin ins Gefängnis zu bringen? Vielleicht ist die Verzweiflung der Protagonistin so groß, dass sie verdrängt, was bittere Realität gewesen ist. Die Ich-Perspektive lässt das im Dunkeln.
Keine literarische Offenbarung, aber ein schöner Unterhaltungsroman für Menschen, die an Zeitgeschichte interessiert sind.