Atmosphärischer Roman

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RÜCKKEHR NACH ST. MALO
Hélène Gestern
ET: 12.8.25

Es ist fast genau zwei Jahre her, dass Yanns Vater gestorben ist – Charles Kèranbrun, das sture, eigenwillige und wenig empathische Familienoberhaupt. Verstanden haben sich die beiden nie. Während sein Vater ihn unbedingt als Nachfolger im Familienunternehmen sehen wollte, zog es Yann schon früh fort. Nach dem Abitur verließ er die Bretagne und begann in Paris eine akademische Laufbahn, die ihn bis an die Sorbonne führte. Sein Zwillingsbruder hingegen stieg in die Reederei ein – doch ein tragischer Unfall sollte alles verändern.

Nun, Jahre später, steht Yann wieder auf dem Familiensitz der Couèrons in St. Malo – in dem Arbeitszimmer, das ihm als Kind stets verboten war. Dort stößt er auf alte Dokumente und Briefe seines Urgroßvaters Octave und dessen Frau Julia. Was zunächst seine wissenschaftliche Neugier weckt, entpuppt sich bald als Spur zu einem tief verborgenen Familiengeheimnis.

Hélène Gestern erzählt diese Geschichte auf mehreren Zeitebenen. Mit feinem Gespür für Atmosphäre lässt sie das Rauschen des Meeres und die raue bretonische Küste lebendig werden – man meint, den Wind und das Salz auf der Haut zu spüren. Während die erste Hälfte vor allem durch ihre bildreiche, atmosphärische Sprache besticht, entfaltet sich die Handlung in der zweiten Hälfte in einem zarten, ruhigen Tempo, das dennoch eine stetige Spannung trägt. Es ist kein klassischer Pageturner, doch ich hatte den starken Drang, immer weiterzulesen, um die ganze Geschichte der Familie Kèranbrun zu erfahren.

Fazit:
Eine Familiengeschichte über vier Generationen – bildhaft, atmosphärisch dicht und emotional fein erzählt. Ich empfehle das Buch allen, die sich den Duft der Bretagne und die stürmische See an einem Herbstabend ins Haus holen möchten.
4/5