Das Gedächtnis der Küste
Mit Rückkehr nach Saint-Malo legt Hélène Gestern einen umfangreichen Roman vor, der sich ganz der Kraft der Erinnerung, der Versöhnung mit der eigenen Herkunft und der Schönheit der bretonischen Küste widmet. Es ist ein Buch, das Zeit fordert – und dafür umso mehr Tiefe zurückgibt.
Im Mittelpunkt steht Yann, Historiker, Scheidungskandidat und Sohn einer einstmals einflussreichen Reederfamilie. Nach dem Tod seines Vaters kehrt er in die Familienvilla nach Saint-Malo zurück – in jenes Haus, das einst Schauplatz unbeschwerter Kindheitssommer mit seinem verstorbenen Zwillingsbruder war. Zwischen Dünenwind, Wellenrauschen und Familienarchiv beginnt er, Schicht für Schicht die Geschichte seiner Vorfahren zu entschlüsseln – und damit auch seine eigene.
Hélène Gestern erzählt ruhig, detailliert, mit großem Respekt für historische Genauigkeit und psychologisches Gespür. Die Sprache ist poetisch, stellenweise fast hypnotisch, vor allem in den Naturbeschreibungen. Das Meer – mal tosend, mal still – wird zum Spiegel der Figuren. Die kleine Insel Cézembre vor Saint-Malo ist dabei nicht nur geografischer Fixpunkt, sondern auch Symbol für Vergangenes, Unausgesprochenes, Verdrängtes. Es kann sich auch etwas ziehen, wenn man kein großer Fan von Naturbeschreibungen ist.
Stark ist das Buch, wenn es sich in die Familiengeschichte vertieft, in Fragen von Schuld und Schweigen, in die Brüche, die zwei Weltkriege hinterlassen haben – nicht nur im Land, sondern in den Menschen. Auch die subtile Liebesgeschichte fügt sich unaufdringlich ein, ohne je die Oberhand zu gewinnen.
Weniger überzeugend waren für mich die sehr ausführlichen Passagen zu Schiffsbau, und archivalischen Details. Wer eine straffe Handlung sucht, wird sich streckenweise schwertun – Rückkehr nach Saint-Malo ist kein Roman zum schnellen Durchfliegen. Es lebt vom langsamen Lesen, vom Mitgehen, vom Sich-Einlassen. Eigentlich genau das richtige für eine Reiselektüre in Frankreich!
Die vielen Zeitebenen und Namen können anfangs herausfordernd sein, aber Geduld wird belohnt. Denn was bleibt, ist ein Roman, der nicht laut auftritt, aber lange nachhallt. Ein Roman, der sich dem großen Thema der Herkunft mit literarischer Eleganz nähert. Und der das Meer so beschreibt, dass man meint, Salz auf den Lippen zu schmecken.
Fazit: Ein poetischer, stellenweise etwas zu ausufernder Familienroman mit Tiefgang – für Liebhaber langsamer, fein gearbeiteter Literatur. Ideal für Leser:innen, die sich gern in vielschichtige Geschichten und weite Landschaften hineinfallen lassen.
Im Mittelpunkt steht Yann, Historiker, Scheidungskandidat und Sohn einer einstmals einflussreichen Reederfamilie. Nach dem Tod seines Vaters kehrt er in die Familienvilla nach Saint-Malo zurück – in jenes Haus, das einst Schauplatz unbeschwerter Kindheitssommer mit seinem verstorbenen Zwillingsbruder war. Zwischen Dünenwind, Wellenrauschen und Familienarchiv beginnt er, Schicht für Schicht die Geschichte seiner Vorfahren zu entschlüsseln – und damit auch seine eigene.
Hélène Gestern erzählt ruhig, detailliert, mit großem Respekt für historische Genauigkeit und psychologisches Gespür. Die Sprache ist poetisch, stellenweise fast hypnotisch, vor allem in den Naturbeschreibungen. Das Meer – mal tosend, mal still – wird zum Spiegel der Figuren. Die kleine Insel Cézembre vor Saint-Malo ist dabei nicht nur geografischer Fixpunkt, sondern auch Symbol für Vergangenes, Unausgesprochenes, Verdrängtes. Es kann sich auch etwas ziehen, wenn man kein großer Fan von Naturbeschreibungen ist.
Stark ist das Buch, wenn es sich in die Familiengeschichte vertieft, in Fragen von Schuld und Schweigen, in die Brüche, die zwei Weltkriege hinterlassen haben – nicht nur im Land, sondern in den Menschen. Auch die subtile Liebesgeschichte fügt sich unaufdringlich ein, ohne je die Oberhand zu gewinnen.
Weniger überzeugend waren für mich die sehr ausführlichen Passagen zu Schiffsbau, und archivalischen Details. Wer eine straffe Handlung sucht, wird sich streckenweise schwertun – Rückkehr nach Saint-Malo ist kein Roman zum schnellen Durchfliegen. Es lebt vom langsamen Lesen, vom Mitgehen, vom Sich-Einlassen. Eigentlich genau das richtige für eine Reiselektüre in Frankreich!
Die vielen Zeitebenen und Namen können anfangs herausfordernd sein, aber Geduld wird belohnt. Denn was bleibt, ist ein Roman, der nicht laut auftritt, aber lange nachhallt. Ein Roman, der sich dem großen Thema der Herkunft mit literarischer Eleganz nähert. Und der das Meer so beschreibt, dass man meint, Salz auf den Lippen zu schmecken.
Fazit: Ein poetischer, stellenweise etwas zu ausufernder Familienroman mit Tiefgang – für Liebhaber langsamer, fein gearbeiteter Literatur. Ideal für Leser:innen, die sich gern in vielschichtige Geschichten und weite Landschaften hineinfallen lassen.