Die salzige Spucke des Meeres

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owenmeany Avatar

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Sehr gemächlich entfaltet Gestern die Recherchen eines Historikers vor unseren Augen, der früh dem Lebensinhalt mehrerer Generationen seiner Familie entflohen war, der Schifffahrt, und sich nach dem Tod seines Vaters und seiner wegen der Erbschaft neuen finanziellen Unabhängigkeit nun doch damit auseinandersetzt, da ihm schon der erste Einblick in die Dokumente alte Geheimnisse verheißt. Er bedient sich dabei des ihm als Wissenschaftler vertrauten Werkzeugs: schriftliche Aufzeichnungen, Geschäftsprotokolle, das Konsultieren von Bibliotheken und Archiven und Interviews von Zeugen und Sachverständigen, sogar eines Psychiaters.

Als Dreh- und Angelpunkt kristallisiert sich peu à peu ein tragischer Schiffbruch heraus, aber auch das spurlose Verschwinden zweier Kompagnons der Firma und schließlich das Auftauchen eines Skeletts auf der mysteriösen Insel Cézembre. In den weltgeschichtlich ereignisreichen Zeiten um die Zeit des Ersten Weltkriegs hat sich wohl ein privates Drama ereignet, das er Schicht um Schicht aufdeckt. Im Laufe dessen entwickelt sich auch die Beziehung zu einer ebenfalls von den Geschehnissen betroffenen Frau, und er hinterfragt mehr und mehr seine alten Denkmuster.

Wie ein Pastellgemälde erscheint das Ambiente im und am Ärmelkanal. Trotz gelegentlich dramatischer Szenen liest man das Eigentliche mehr zwischen den Zeilen, auch in den eingeflochtenen kursiv gedruckten Passagen im Originalton der jeweiligen Zeit. Das mag ungeduldigeren Lesern mitunter langweilig erscheinen, doch hinterlässt der Roman auch nach der Lektüre noch reichlich Stoff zum Nachdenken.