Geheimnisse in den Gezeiten!

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frangipani Avatar

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Schon das Cover hat meine Bretagne-Sehnsucht geweckt – und das Buch selbst hat mich nicht enttäuscht.

Nach dem Tod seines Vaters zieht Yann in das alte Familienhaus in Saint-Malo, wo Erinnerungen an unbeschwerte Kindheitstage und Segelabenteuer mit seinem Zwillingsbruder wieder lebendig werden. Im Arbeitszimmer stößt er auf ein umfangreiches Familienarchiv – und begibt sich, selbst Geschichtslehrer, auf eine ganz persönliche Zeitreise. Mithilfe alter Dokumente stellt er einen Stammbaum seiner Familie zusammen und taucht dabei immer tiefer ein in die bewegte Geschichte der bretonischen Küstenregion – allen voran in das geheimnisvolle Cézembre, die kleine Insel vor Saint-Malo.

Diese Insel wird zum roten Faden, der sich durch die Erzählung zieht. Man erlebt beim Lesen nicht nur die Wandlungen dieser besonderen Landzunge über die Jahrhunderte hinweg mit, sondern auch die Höhen und Tiefen der Familie Kérambrun, deren Schicksal eng mit ihr verknüpft ist.

Die Atmosphäre rund ums Meer, das Kreischen der Möwen, der raue Wind – all das wurde wundervoll eingefangen. Yann als Figur hat mir sehr gut gefallen: Seine Entwicklung, die stille Versöhnung mit der Vergangenheit, seine Leidenschaft für die Recherche – all das wirkt authentisch und berührend.

Zwar gab es Stellen, die etwas zu detailliert und dadurch leicht langatmig wirkten, aber das schmälert den Gesamteindruck kaum. Vielmehr fühlt sich dieser Roman wie eine literarische Liebeserklärung an Cézembre und die bretonische Küste an – ein Buch, das einen mitnimmt in den Norden Frankreichs, in seine Geschichte, seine Landschaft und seine Seele.

Tiefgründig, liebevoll erzählt und getragen vom Zauber der Bretagne – für mich ein kleines Lesejuwel.