Zerrissenheit

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vielundleicht Avatar

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Bisher habe ich mich ein wenig davor gescheut, über den Angriffskrieg Russlands gegenüber der Ukraine zu lesen - möglicherweise auch aus Eigenschutz. Die familiären und politischen Verflechtungen, die bereits im Klappentext angeteasert werden, haben mich dann allerdings doch neugierig gemacht. Vorab ist zu erwähnen, dass Dmitrij Kapitelman mit „Russische Spezialitäten“ ein sehr einzigartiges Buch gelungen ist und ich mir eigentlich auch gar nicht anmaßen möchte, darüber in irgendeiner Form zu urteilen - vor allem was den zweiten Teil des Buches angeht. Meine „Kritik“ richtet sich also nicht an den Inhalt, sondern nur an die Form des Buches. So habe habe ich mich ein wenig schwer getan, die beiden Teile des Buches - das Leben in Leipzig, der familiengeführte Laden, die Zerrissenheit innerhalb der Familie und auf der anderen Seite die Reise in die Ukraine - wirklich zusammen zu bekommen. Sicherlich bedingt das eine das andere, aber für mich haben die beiden Teile jeweils eher isoliert gewirkt. Auch hatte ich beim lesen das Gefühl, dass die Geschichte ein wenig auf der Stelle tritt. Nichtsdestotrotz habe ich die Charaktere irgendwie sehr lieb gewonnen. Auch der recht humoristische Ton des Autors hat mich angesprochen, was aufgrund der Thematik des Buches aber sicherlich nicht jedermanns Sache ist. Besonders interessant war für mich die innere Zerrissenheit des Protagonisten in Hinblick auf seine Muttersprache Russisch und die Frage, inwiefern es nach dem russischen Angriffskrieg verwerflich ist, diese (weiterhin) zu sprechen. Alles in allem ein gutes Buch außerhalb meiner Komfortzone! (3,5/5 Sterne)