Zum Verzweifeln und Zum Verzweifeln aktuell!

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rumpelhuhn Avatar

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Das Buch habe ich in Nullkommanix durchgelesen und war nicht enttäuscht vom neuesten literarischen Erguß des Herrn Kapitelman. Ich mag seinen Schreibstil sehr gerne, das immer leicht Ironische, Lustige im Traurigen, die so kreativen Wortspielereien und -erfindungen, was ich auch selbst gerne im Alltag zelebriere. Es gibt doch noch soviel Platz für neue Worte, um alles da draußen auszudrücken.
Die Geschichte selbst ist natürlich hochgradig aktuell und traurig. Ich beschäftige mich viel mit dem Krieg und für mich ist es absolut unfaßbar, wie man die Positionen unterschiedlich auslegen kann, ist doch so klar, wer hier wen angreift. Wie man das nun auch noch als mittelbar Betroffene mit dieser Klar-, Stur- und Blindheit tun kann, ist nicht zu begreifen. Es ist ihre langjährige Heimat, es sind Freunde, es sind Verwandte. Und vor allem Menschen, die dort niedergemetzelt werden. Als Sohn dieser Mutter ist es sicherlich nicht einfach. Ich kann meine (nicht betroffenen) leugnenden Verwandten ignorieren und in der Ferne lassen. Ist es die eigene, zeitlebens geliebte Mutter... halleluja. Kapitelman ist vorsichtig und scheint niemals so Richtung ihr gegenüber Stellung zu beziehen, in aller Deutlichkeit. Ich kann es nachvollziehen. Was er mit der Reise in die Ukraine ihr gegenüber erreichen wollte, ist mir nicht ganz klar, aber es hat das Tor zu den Freunden wieder geöffnet, raus aus der Familiensippenhaft. Und es hat ihm selbst genau wie den Lesern die Dramatik des Ganzen noch einmal deutlich gespiegelt.

Der Text liest sich schnell, der Text ist bei aller Dramatik, Verzweiflung, Trauer und Wut auch urkomisch, Kapitelman eben. Das Titelbil ist großartig.

Danke dafür!