Schnitzeljagd

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botte05 Avatar

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„Charlotte wirft ihren Mann raus, weil der sie zum x-ten Mal betrogen hat. Beim Leerräumen des gemeinsamen Hauses stolpert sie über ein altes Handy. Und über eine uralte Mailboxnachricht von Doro. Das verrückte Huhn ist schon seit Jahren untergetaucht, doch plötzlich hat Charlotte Sehnsucht nach ihrer unsteten Schwester. Charlotte macht sich auf die Suche Ihre heißeste Spur: Doros ehemalige Liebhaber. Und jeder Mann bringt sie ihrer Schwester näher – und einem bunten Leben, das sie sich an der Seite ihres Exmanns nie hat träumen lassen“ – Zitat Buchrücken.

Charlotte ist Mutter, Lehrerin und auf dem besten Wege, Exfrau zu werden. Ihre Tochter Miriam ist ein wunderbares, aufgewecktes Kind, Charlottes Schülerinnen zumeist im Unterricht völlig, desinteressiert und mit „wichtigeren Dingen“ beschäftigt und ihr Mann ein notorischer Fremdgeher. Charlotte selbst war schon immer eine eher graue Maus, zielstrebig in ihren Plänen und sicher in deren Umsetzung. Vor 11 Jahren, kurz vor ihrer Hochzeit, kam es mit ihrer Schwester zu einem unbenannten Bruch; seither haben die Schwestern nichts mehr voneinander gehört.

Mit leichter Wehmut erinnert sich Charlotte an ihre kleine Schwester. Bunt, schrill, unkonventionell – so völlig anders als sie selbst. Charlottes erster Ansatzpunkt auf ihrer Suche ist Doros damaliger Freund Ben, ein Musiker.

So beginnt für Charlotte – neben dem täglichen Einerlei – eine Reise, eine Art Schnitzeljagd, denn nicht jeder eingeschlagene Weg führt zwangsläufig automatisch zum nächsten Zielpunkt. Jedoch scheint ihr das Schicksal gewogen und die Indizienkette bringt sie näher an ihr Ziel. Doch nicht nur das angestrebte Ziel rückt näher, Charlotte selbst verändert sich auf ihrer Suche. Und diese Veränderungen wirken sich in ungeahnter Weise auf ihr gesamtes Umfeld sowie ihr eigenes Leben aus.

Während der Suche muss Charlotte feststellen, dass nicht immer alles so war und ist, wie es auf den ersten Blick schien / scheint und sie ihre Schwester doch oft offenbar völlig falsch wahrgenommen hat. Und im Ziel ihrer Reise ist dann auch noch alles anders, als erwartet.

„Sag beim Abschied leise Blödmann“ ist ein amüsantes, kurzweiliges und leichtes Buch. Ich habe es in zwei Etappen gelesen und fühlte mich angenehm unterhalten. Ulrike Herwig erzählt die Geschichte der Schwestern mit Witz, Charme und einer Situationskomik, die einem die Szene bildlich vor Augen entstehen lässt. Vor allen Dingen kann ich mich an der einen oder anderen Stelle sehr gut in Charlotte und ihre aktuelle Gefühls- und Gedankenwelt hineinversetzen.

Trotz der flotten Aufmachung des Buches, des oberflächlich anmutenden Titels sowie jedweder Situationskomik, liegt unter der Oberfläche doch auch eine gewisse Tiefe und Ernsthaftigkeit, welche sich in der jeweiligen Einzigartigkeit der Protagonisten begründet.

Fazit: ein nettes Sommerbuch für Zwischendurch, vielleicht eher für die weibliche Leserschar geschrieben. Und nur der Vollständigkeit halber: Nach Kenntnis des Buches, würde ich ein anderes Wort als „Blödmann“ wählen…

Rezension: Ulrike Herwig, Sag beim Abschied leise Blödmann, Verlag Marion von Schröder, Roman, Taschenbuch, 304 Seiten, 14,99 €, Erscheinungsdatum: 12.07.2013