Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere, oder auch mehrere.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
büchersally Avatar

Von

Ulrike Herwig hat bereits mit ihren beiden vorherigen Veröffentlichungen bewiesen, dass sich ernst Themen durchaus für humorvolle Unterhaltungsliteratur eignen. Auch dieses Mal hat sie hinter einem provozierenden Titel eine alltägliche Geschichte versteckt, die so überall passieren könnte. Die Berliner Lehrerin Charlotte überrascht bei ihrer vorzeitigen Rückkehr aus dem Urlaub ihren Ehemann mit der Klavierlehrerin ihrer Tochter Miriam. Das brachte das Fass des Erträglichen zum Überlaufen und Philipp muss die eheliche Wohnung verlassen. Beim Aussortieren seiner persönlichen Dinge findet Charlotte unter anderem auch ihr eigenes Handy aus früheren Zeiten. Darauf ist noch eine Nachricht ihrer Schwester Doro, mit der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Das soll sich jetzt ändern und Charlotte beginnt anhand der früheren Freunde, Doro wiederzufinden. Dabei muss sie sich das Schlagerrepertoire gestandener Rocker anhören, wird nachts von einem Geparden in Schach gehalten, ihre Träume werden gedeutet und sie trifft einen Tierarzt für Reptilien.

Der Lebensabschnitt zwischen der sorglosen und ausgelassenen Jugend und dem verantwortungsvollen Erwachsenendaseins ist überaus spannend. Die Träume, die man Anfang Zwanzig noch hatte, hat man sich vielleicht gar nicht erfüllt. Freundschaften, die seinerzeit starke Bindungen waren, bestehen vielleicht gar nicht mehr. Manchmal verliert man sich ganz unbemerkt aus den Augen und manchmal führen verletzende Ereignisse zum Bruch. Die Autorin lässt ihre Figuren nach über zehn Jahren erneut an einen Wendepunkt im Leben angelangen. Mit Mitte Vierzig ist man gestanden genug, um eigene Entscheidungen treffen zu können, um sein Leben positiv zu verändern. Charlotte beschließt, sich nun nicht mehr von anderen – insbesondere der Familie ihres Ex-Mannes – vorschreiben zu lassen, wie sie zu leben hat. Sie erkennt, was für sie wichtig ist und akzeptiert auch die Konsequenzen. Schritt für Schritt nähert sie sich ihrem persönlichen Glück.

Die Bücher der Autorin lassen sich schon allein wegen des flüssigen Schreibstils gut lesen. Die humorvollen Dialoge gepaart mit nichtalltäglicher Situationskomik machen sie zum Lesetipp. Die Figuren wurden relativ einfach beschrieben, jeder jedoch mit einem herausragenden Merkmal, das das Kopfkino anregt. Durch Charlottes Verhalten gewinnt sie nicht nur in der Geschichte viele Sympathien. Auch als Leser drückt man ihr früh schon die Daumen und hofft das Beste. Mehrmals führt ihr Weg eigentlich schon zum Ziel, bis im letzten Augenblick noch etwas dazwischen kommt und die Spannung erneut aufkommt. Dem gegenüber steht natürlich Phillip, bei dem man nur darauf wartet, dass er wieder etwas macht, das uns den Kopf schütteln lässt. Da man bis kurz vorm Ende nicht genau weiß, was zwischen den Schwestern seinerzeit vorgefallen ist, bleibt trotz aller Vorersehbarkeit Raum für Spekulationen. Am Ende bleibt bei dieser Geschichte jedoch nichts offen. In knappen Sätzen ähnlich wie beim Filmabspann wird der Fortgang der einzelnen Handlungsstränge geschildert. Auch das bietet noch einige Lacher. „Sag zum Abschied leise Blödmann“ ist rundum empfehlenswert.