Eine gut erzählte Familiengeschichte, der etwas mehr Emotionalität gutgetan hätte

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jules&jude Avatar

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In dem melancholisch angehauchten Roman "Saubere Zeiten" von Andreas Wunn ist der Titel Programm, denn in der Familie Auber ist nicht alles so sauber, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Als Jakobs Vater Hans nach einem erlittenen Schlaganfall im Sterben liegt, reist Jakob von Berlin nach Trier. In dem Haus seines Vaters findet sich Jakob mit Tonbandaufnahmen seines Vaters und Tagebucheinträgen seines Großvaters Theodor Auber konfrontiert, die ihm ein bis dahin unbekanntes Kapitel der eigenen Familiengeschichte offenbaren. Während er die Tonbandaufnahmen sich anhört und die Tagebucheinträge seines Großvaters liest, erfährt er mehr über die Kindheit seines Vaters und dem Aufstieg und Fall seines Großvaters, dem das bekannte Waschmittel Auber gehörte und durch dieses zu Reichtum gelangte, bis er dieses jedoch durch Fehlinvestitionen verlor. In den Erinnerungen taucht auch der Name Bella auf und Jakob begibt sich auf der Suche nach ihr, eine Suche, die ihn bis nach Brasilien führt.

Wechselnd zwischen Vergangenheit und Gegenwart folgt man gebannt den drei Männern der Familie Auber und stößt dabei auf ein wiederkehrendes Muster, eine fehlende emotionale Nähe und das Verdrängen bzw. Schweigen über Familienangelegenheiten, die die jeweiligen Vater-Sohn-Verhältnisse prägten. Besonders die fehlende Emotionalität spiegelt sich auch im Schreibstil des Autors wieder. Zwar liest sich der Roman flüssig dank der kurzen Sätze und des eindringlichen Schreibstils, aber eine emotionale Nähe lässt sich trotz guter Charakterzeichnung nicht zu den handelnden Personen aufbauen. Dadurch verliert die Geschichte etwas an Schlagkraft, was etwas schade ist, denn es handelt sich um eine lesenswerte und gut konstruierte Familiengeschichte, die so wirklich hätte sich ereignen können.

Der Roman erzählt aber nicht nur eine spannend erzählte Familiengeschichte, sondern auch eine Reise Jakobs zu sich selbst. Im Verlaufe seiner Recherche reflektiert Jakob seine eigenen Beziehungen und Gefühle und erfährt so einiges über sich selbst, versinnbildlicht wird diese durch Erinnerungen an seine Kindheit, an seine gescheiterte Ehe und an Momente mit seinem Sohn.

"Saubere Zeiten" ist insgesamt ein gut erzähltes Familienporträt über verschiedene Generationen, über die Folgen des Schweigens und dass sich Vater und Sohn manchmal näher und ähnlicher sind, als man zunächst denkt. Einzig ein emotionaler Schreibstil hätte der Geschichte gutgetan, so verbleibt diese teilweise doch etwas oberflächlich.