Großartig

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mike nelson Avatar

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Großartig. Andreas Wunn ist mit seinem Erstling "Saubere Zeiten" etwas Großes gelungen - nämlich Zeitgeschichte, Familiengeschichte und Liebesgeschichte miteinander zu verbinden. Und als Leser kann man gar nicht anders, als beim Lesen immer wieder gedanklich abzuschweifen und die eigene Familiengeschichte zu reflektieren. Und genau das ist für mich das Besondere an "Saubere Zeiten" - auch ich bin nachdenklich geworden und frage mich - genau wie der Autor in seinem persönlichen Kommentar zur Geschichte seines Buches am Schluss - jetzt wo die Vorgängergeneration nicht mehr lebt: Warum habe ich mit ihnen so wenig über die Vergangenheit gesprochen? Doch das Buch ist weit mehr als diese Anregung, frühzeitig den Dialog zu suchen - es zeigt, wie sich die Sprachlosigkeit über die Generationen hinweg fortsetzt und letztlich auch in der eigenen Beziehungsunfähigkeit äußert: "Einsamkeit ist keine Farbe und auch nie nur ein Moment." Der Tod des Vaters ist der Anlass für Jakob Auber, sich mit der Geschichte seiner Familie auseinanderzusetzen. Dabei stößt er auf die dunklen Kapitel während der Zeit des Nationalsozialismus; und erst aus großer Distanz - mit einer Reise nach Brasilien - kann er sich auch emotional der Geschichte seiner Familie und auch der eigenen annähern. Die Geschichte springt zwischen den unterschiedlichen Zeitebenen hin und her und bildet damit ab, wie es ist, aus einzelnen Puzzleteilen ein stimmiges Ganzes herzustellen. Unbedingt lesenswert!