Oben im Drempel

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owenmeany Avatar

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Eigentlich habe ich ähnliche Geschichten schon häufig gelesen über die Erbschaften des Nationalsozialismus; die Last der deutschen Geschichte legt sie ja nahe: die Nachkriegsgeneration holt die Leichen aus dem Keller ihrer Väter - oder eben wie hier vom Dachboden. Doch so vielfältig die Menschen gestrickt sind, kann ein Autor immer wieder neue Aspekte in den Fokus stellen.

In diesem Fall geht es also um die Entwicklung eines Produkts und dessen wirtschaftliche Verwertung im Zusammenhang mit der "Arisierung" von Firmen. Aber so einfach wie man anfangs denkt, entwickelt es sich doch nicht. Die Kunst liegt in der Subtilität.

Hier ist ein fähiger Erzähler am Werk. Mit seinen lakonischen, kurzen Sätzen im Stakkatostil entfacht er von der ersten Seite an einen Sog und schafft es, in den kleinen Episoden einen Spannungsbogen zu setzen, ohne dabei den großen Zusammenhang aus den Augen zu verlieren. Einfühlsam und voller Sympathie charakterisiert Andreas Wunn die Personen und verdeutlicht die psychologischen Sachverhalte in passenden und originellen Bildern weit ab vom Klischee.

Dramaturgisch spielt er gegen Ende mehr und mehr mit den Lesern, indem er die Ereignisse aus der Vergangenheit und Gegenwart ineinander verschachtelt und dabei mit Cliffhangern arbeitet. Eigentlich schätze ich das nur bedingt, aber ich habe insgesamt das Gefühl, als würde eher er sich auf die Folter spannen, weil er den Kern der Geschichte verdrängt. Es ist ein psychologisches Problem wie bei den Kriegskindern und -enkeln im Werk Sabine Bodes. Deshalb geht es genauso um Jakobs Heute wie um das Gestern seiner Familie, das ihn unterschwellig belastet. Die Aufeinanderfolge der Szenen fädelt Wunn so geschickt ein, dass man nicht aufhören kann weiterzulesen.

Dieser bemerkenswerte Erstlingsroman hat mich so beeindruckt, dass ich ihn gerne weiterempfehle.