Magisch, verzauberte 5 Sterne

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
elke seifried Avatar

Von

„Zehn Gründe, die Geige ihres Kindes zu verschrotten“, „Stepptanz, habe ich drei linke Füße geboren?“, „Tschüss Oxford, meine Tochter hat keine Interessen“ oder noch besser „Die beste Freundin meiner Tochter ist strohdumm“.

Jeder Freitag ist für Scarlett der Horror pur, denn da geht morgens stets der neueste Blogbeitrag ihrer Mutter online. Ganz klar, dass den natürlich schon das ganze Schulhaus kennt, bevor sie dort ankommt. Keine Freunde, keine Aktivitäten mehr und ihre Mutter scheint doch immer noch etwas zu finden, mit dem sie sie demütigen kann und das noch nicht einmal wahrhaben will. An genau einem solchen Freitag als Scarlett deprimiert von der Schule heimtrottet, wird die alte Nachbarin Mr. Simpsons mit dem Rettungswagen abgeholt. Dass ihr Kätzchen sich nachts hungrig bemerkbar macht, Scarlett dies hört und ganz klar helfen will, muss Schicksal sein. Denn, als sie zum ersten Mal die Wohnung betritt, entdeckt sie Rosemarys Küche, völlig geblendet von der Pracht, dann auch noch ein altes, abgegriffenes Notizbüchlein. „Für meine kleine Köchin – mögest du die geheime Zutat finden.“. Scarlett ist sofort gefangen, wie viel Liebe, wie viel Arbeit in dem Büchlein steckt, „Welch ein Glück für die kleine Köchin, dass sie jemandem so wichtig war.“ Die Zimtteilchen lachen sie besonders an, aber gemeinsam kochen oder backen, das gibt es bei Scarlett Zuhause nicht und ihr bisher einziger Versuch eine Backmischung selbst zu fabrizieren, landete im Müll. Doch wie von Geisterhand scheint hier alles zu gelingen und die leckeren Teilchen, die so verlockend nach Zimt duften sind der Anfang von einem Leben, das Stück für Stück besser wird. Der „Back – a thon“ kann beginnen!

„Wir lernen uns endlich uns zu respektieren, und das fühlt sich gut an, wirklich gut.“, respektvoller Umgang miteinander, Vorurteile noch einmal überdenken, der Wert der Familie und auch der von Freunden und natürlich die Prise Magie, die von einer mit Liebe zubereiteten gemeinsamen Mahlzeit ausgeht sind hier die Zutaten für eine tolle Geschichte. Mit einer Portion Witz und einer großen Ladung Gefühle perfekt abgeschmeckt, findet man hier als Leser ein tolles Gesamtgericht.

Der mitreißende Sprachstil der Autorin liest sich locker, leicht und die Seiten fliegen nur so dahin. Die Sprache ist altersgerecht, leicht verständlich, aber auch ich als Erwachsene habe mich gut unterhalten gefühlt. Laurel Remington versteht es den Leser emotional völlig einzufangen. Die Ich-Perspektive, aus der Scarlett berichten darf, lässt sie einem zudem ganz nah sein. Man begibt sich hier mit ihr auf eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle, von Wut, Trauer, über Hoffnung, Schmetterlinge im Bauch, bis hin zu Zufriedenheit und Zuversicht ist hier alles mit dabei. Durch ausführliche, anschauliche Beschreibungen, die reich an Bildern sind, „Die Küche ist umwerfend, das ist das einzig treffende Wort dafür….Das Ganze wirkt wie der Himmel auf Erden für einen Koch – und für alle, die zum Essen kommen. Ich atme den berauschenden Duft von Gewürzen und frischen Zitronen ein und merke, dass ich lächle.“, hatte ich stets das Gefühl, ich bin live mit dabei.

Scarlett habe ich sofort in mein Herz geschlossen, konnte ich mir doch mehr als genau ausmalen, wie bloßgestellt und traurig sie durch den Blog ihrer Mutter sein musste. Ich habe so mit ihr gelitten, aber mich dann mindestens genauso sehr gefreut, wie die Magie von Backen und Kochen auf sie übergreift und zu einem völlig anderen Mädchen macht. Besonders beeindruckt hat mich ihr Einsatz für ihre alte Nachbarin. „Lass nicht zu, dass der mich ins Heim steckt!“ – „Das werde ich nicht, Mrs Simpson. Versprochen.“. Denn auch ich mochte die „Interessante Mischung aus Großmutter, Feldwebel und guter Fee“, so richtig gern. Ich wünschte mir, ich hätte eine solche Oma gehabt und die hätte ich sicher auch vor dem Altenheim retten wollen. „Ich schätze Muttersein liegt mir nicht allzu sehr.“, damit hat Scarletts Mama sicher mehr als Recht. Anfangs war ich regelrecht entsetzt, wie gemein und wenig einfühlsam sie sein kann. Aber bei ihr, wie auch bei Mrs. Simpsons unsympathischen Neffen Emory Kruffs und auch einigen anderen Mitspielern lohnt sich ein zweiter Blick.

Die gut 250 Seiten verteilen sich auf 41 kurze, übersichtliche Kapitel, die sicher auch keinen ungeübten Leser überfordern werden. Jedes davon beginnt mit einer kursiv, geschwungenen Überschrift, die schon immer ein wenig neugierig auf den weiteren Verlauf macht und von Vigeten umrahmt ist. Kleine Kekse und ähnliches finden sich auch ab und an am Seitenrand.

Es wird unheimlich viel gebacken und gekocht und ich hatte nicht nur einmal einen wässrigen Mund, also Achtung hungrig, sollte man hier nicht unbedingt lesen. Wie gerne wäre ich mit bei der Truppe am Tisch gesessen oder hätte einen der leckeren Kuchen probiert. „Ich kann nicht glauben wie viel Spaß das macht. Es ist ein bisschen wie ein Labor und mein Kinder-Chemiekasten in einem.“, auch die Leidenschaft fürs Selbermachen wird hier wirklich geweckt. Zimtteilchen sind Scarletts erster Versuch den Kochlöffel zu schwingen, dieses Rezept findet man ebenfalls im Buch.