Tafel-Kritik

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
lisolino Avatar

Von

Das Buch Schamland wirft einen kritischen Blick auf die Tafeln, bei denen Bedürftige will heißen "Arme" für wenig Geld Lebensmittel erwerben bzw. zugeteilt bekommen. Dabei widmet der Autor einen großen Teil seines Buches, dem Vorstellen von Einzelschicksalen von Tafelnutzern und der Möglichkeit den Betroffenen eine Stimme zu geben. Vor allem dieser Kollektivteil macht dem Leser eindringlich die emotionale Situation der Nutzer und deren Scham über ihre Almosenbedürftigkeit klar.

Das Buch greift viele Themen auf, die wirklich etwas mehr in den Fokus gerückt werden sollten, wenn man über Tafeln und anderen dieser freiwilligen Hilfskonstruktionen spricht. Auch mir sind in der Zeitung schon diese Bilder aufgefallen, auf denen ein Politiker breit in die Kamera grinst während er über den Tresen eine Suppe reicht. Dass finde ich ebenfalls geschmacklos. Und auch dass es genug Firmen gibt die über die Tafeln zusätzliches Geld gibt, kann gerne mal laut gesagt werden. Und auch in zwei weiteren Punkten hat der Autor Recht: Tafeln ändern nichts an der Armut der Betroffenen und es besteht die Gefahr, dass sich die Politik auf den Tafeln ausruht.
Aber ich habe doch auch ein paar Punkte, die mich an dem Buch sehr gestört haben. Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich mich in diesem Bereich nicht gut auskenne. Daher hätte mir ein Kapitel in dem ein paar Fakten zur Funktionsweise der Tafeln allgemein erläutert werden wirklich als Einstieg geholfen. Denn auch nach Lesen des Buches weiß ich nicht genau, wie die Tafeln funktionieren. Woher kommen die Lebensmittel genau und nach welchem System werden sie verteilt? An einer Stelle war von Nummern ziehen (der mit der 1 hat die größte Auswahl) und an anderer Stelle von vorgepackten Lebensmittelwundertüten die Rede. Gibt es gar kein durchgängiges System und jeder kann machen was er will? Aber wie definiert sich dann die Tafel? Nur darüber, dass man sich so nennt und es um Lebensmittel geht?
Auch habe ich nach der Lektüre das Gefühl man sollte am Besten direkt alle Tafeln kompromisslos abschaffen, damit die Politik gezwungen ist zu reagieren. Aber das kann doch nicht wirklich seine Forderung sein. Denn trotz ihrer Nachteile hilft sie doch den Menschen, die kaum genug Geld haben über den nächsten Monat zu kommen.
Ebenfalls finde ich, dass er das Prinzip der freiwilligen Ehrenamtler sehr schlecht wegkommen lässt, Da fragt man sich ja (natürlich überspitzt) fast warum überhaupt jemand so doof ist Ehrenamtlich Armen zu helfen. Aber das ist meiner Ansicht nach trotz allem eine lobenswerte Einstellung.

Fazit zu diesem Buch;
Sehr interessant. Einige Sachen haben mir echt zu denken gegeben. Und natürlich wäre es am besten niemand wäre Arm und die die es sind finden schnell oder haben auf eine andere Art und Weise genug Geld um sich alles andere so leisten zu können wie sie es möchten. Aber so ist es im Moment leider nicht. Und ich habe neben der ganzen Kritik Lösungsansätze des Autors vermisst. Mich hätte mal interessiert was er zur Verbesserung der Situation vorzuschlagen hätte. Denn ohne Verbesserungsansätze kann auch nichts passieren.