Schattenblüte. Die Verborgenen

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gaensebluemche Avatar

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Mir ist der Einstieg in das Buch ziemlich schwer gefallen. Ich weiß selbst nicht, warum. Denn eigentlich war mir Luisa sofort sympathisch und ich habe mich mit ihr als Ich-Erzählerin, die übrigens in der Gegenwartsform erzählt, sehr wohl gefühlt. Vermutlich lag es daran, dass ich zu Beginn des Romans nur wenig Lesezeit am Stück hatte und immer wieder aus der Geschichte herausgerissen wurde. Gestern hatte ich dann aber viel Zeit für das Buch und konnte mich von ihm gefangen nehmen lassen.

Die Idee hinter dem Roman hat mich sehr stark an "Nach dem Sommer" von Maggie Stiefvater erinnert, ist in gewissen Punkten aber doch anders. Besonders die Tatsache, dass die Jugendlichen alle etwas Schreckliches erlebt haben und sich deshalb in ihr Wolf-Dasein geflüchtet haben, macht die Handlung sehr speziell. Aber vor allem auch dramatisch, wenn ich da an ein bestimmtes Schicksal denke. Ich hatte mit jedem der Wolf-Charaktere Mitleid und sogar schon fast so etwas wie Verständnis. Es fällt leicht, ihre Entscheidung, lieber Wolf als Mensch zu sein, nachzuvollziehen.

Luisa ist ein großartiger Charakter. Ich mag ihre Art sehr und auch wenn sie sich nicht immer fair verhält, verhält sie sich doch immer authentisch. Luisa hat eben einen Verlust erlitten, der sie sehr mitnimmt, über den sie nicht hinwegkommt. Sie ist nun mal sauer auf ihre Eltern. Sie fühlt sich zerrissen, leer, allein. Sie hat Sehnsucht, ist verletzt. Warum soll sie sich da nicht auch dementsprechend verhalten? Ich konnte jede ihrer Handlungen absolut nachvollziehen. Übertrieben fand ich da schon eher das Verhalten ihrer Eltern, vor allem das ihres Vaters. Und auch bei Anja ist mir nicht ganz klar geworden, was ihre Motive sind. Vor allem in den Dialogen hat sie sich immer so rätselhaft und gestellt ausgedrückt. Dafür fand ich Lotti klasse!

Und Thursen fand ich natürlich auch toll. Die Liebesgeschichte, die sich zwischen ihm und Luisa entwickelt, ist nicht rosarot, aber dennoch gibt es viele herzerwärmende Momente. Am Anfang dachte ich, dass sich die Beziehung der beiden etwas zu schnell entwickelt. Aber wenn man bedenkt, dass Thursen Luisa schon seit längerer Zeit in Wolfsgestalt gefolgt ist, macht es doch Sinn, als er gleich zu Beginn des Buches sagt, dass er sie vermissen würde. Und dass Luisa sich so Hals über Kopf in Thursen verknallt, ist doch auch kein Wunder. Er ist schon toll! Und so mysteriös!

Obwohl Luisa das Geheimnis ja erst relativ spät lüftet. Und dazu noch einige Anstöße braucht. Als Leser weiß man aufgrund des Klappentextes schon von vornherein, in welche Richtung die Handlung gehen soll und wundert sich deshalb manchmal etwas über Luisas Begriffsstutzigkeit. Die Beziehung zwischen Thursen und Luisa ist furchtbar kompliziert, natürlich! Und ich fand es toll, dass Nora Melling das auch verdeutlicht. Die beiden können nicht wie verliebte Teenager durch die Stadt turteln, da Thursen kaum noch unter Menschen gehen kann. Sein Schicksal steht ständig zwischen den beiden und ihre Zukunft steht absolut in den Sternen. Hach, die beiden haben es schon nicht leicht. Ich habe ganz schön mit den beiden mitgefiebert!

Besonders gut gefallen hat mir auch, dass Berlin als Handlungsort sehr lebendig wird. Ich kenne mich ein bisschen in der Stadt aus und habe mich gefreut, von bekannten Straßennamen zu lesen.

Die Handlung wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf und versteht es durchweg, zu fesseln. Es sind Kleinigkeiten irgendwie, die für Spannung sorgen. Das Ende des Romans ist sehr stimmig und hat mir sehr gut gefallen. Nun bin ich aber total gespannt, wie es weiter geht. Zum Glück dauert es nicht mehr lange, bis die Fortsetzung erscheint.

Der Stil der Autorin ist irgendwie ganz besonders. Sie schreibt sehr poetisch und gefühlvoll, eindringlich und berührend. Das hat mir sehr gut gefallen. Aus diesem Buch lassen sich viele schöne Zitate entnehmen, die es wert sind, in ein Buch eingetragen zu werden. Emotionen, positiver wie negativer Art, werden lebendig, die Autorin malt mit Worten Bilder. Jedes Wort sitzt und die Sätze sind unglaublich ausdrucksstark und gewaltig! Nora Melling schafft es, wenig zu sagen, aber unglaublich viel auszudrücken.