Erzählkunst

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frollein_wunderbar Avatar

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Adam und seine Kinder Steve, Micha und Linne essen die Tagebücher der Mutter. Johanne ist tot, und Gegenstände, die sie häufig gebraucht hat, gehen zu Bruch. Ihre Vergangenheit verblasst und die Worte der Mutter zu lesen wäre unvorstellbar,, so reißt die nun unvollständige Familie die Seiten klein und isst sie auf.
Der Beamte Ginster wird mit dem Fall betraut, die Nachbarn haben sich beschwert, dass die vier sich unverantwortlich verhalten und Ginster ermittelt wegen verschleppter Trauerarbeit. Bald wird er, der keine Menschen mag, jedoch gegen jeden Berufsethos in die Ereignisse hineingezogen.

Ach ja. Stefanie vor Schulte. 2 Sätze gelesen und es war passiert, ich bekam wieder dieses warme Gefühl, wie es schon "Junge mit schwarzem Hahn" ausstrahlte.
Das Thema ist ein schweres, Johanne ist nicht mehr da und die Zurückgeblieben können sich keinen Halt geben, zersplittern in einzelne Teile ohne die Mutter. Die Geschichte erzählt von Trauer in all ihren Formen, von Verlust und Narben, aber auch von Heilung.

Die Institution des Traueramtes zeigt die Bedeutung für die Gesellschaft, Trauernde schaden dem Allgemeinwohl und werden gemahnt. Einen Umgang mit seiner Verzweiflung zu finden ist jedoch so individuell wie es Menschen sind und daher bleiben alle guten und gut gemeinten Ratschläge ungehört. Was Andere zu meinen glauben, was jetzt hilft und welches Verhalten angemessen wäre, macht alles nur schlimmer.
Die Autorin zeigt in ihrer unvergleichlich zärtlichen, melancholischen Sprache, was Adam und seine Kinder in ihren Seelen bewegt und wie sie doch am Ende doch Erinnerungen zulassen können.
Stefanie vor Schulte beschreibt in Sätzen, die wie Bilder sind. Fast abstrakt und immer auch ein bisschen märchenhaft verschwimmen die Grenzen der Realität um in Worte zu fassen, was mit ihren Figuren passiert.
Dieser Roman ist ein kleines Wunder, in dem Geschichten zu Erinnerungen werden und Erinnerungen zu Geschichten. In der eine Familie wieder ganz werden muss, um zu überleben. Der von sichtbaren und unsichtbaren Wunden erzählt und davon, aus dem Schatten des Verlustes zu treten, zurück ins Licht.

Ich hadere einzig mit dem Titel, aber sei's drum. Egal, wie die Bücher heißen, wenn Stefanie vor Schulte auf dem Cover steht, werde ich auch in Zukunft sicher sicher sein, dass mich Großartiges erwartet.