Wie lange darf man trauern?

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Die Familie Mohn trauert um Mutter Johanne. Der kleine Micha fühlt sich vor allem verloren, seine Schwester Linne wütend, Bruder Steve versucht sich zu kümmern und Vater Adam ist einfach von allem überfordert. Doch wie lange darf man trauern, bekommt man Verständnis von Lehrern, Nachbarn, Vermietern? Und wie darf diese Trauer aussehen, wie geht man damit um, dass nichts mehr so ist wie es war?
Stefanie vor Schulte befasst sich mit diesen Themen auf eine etwas surreale Art und Weise. Die Personen, die sich in ihrem Roman zusammen finden, sind alle Außenseiter der Gesellschaft, alle verbindet dabei eine Geschichte mit der verstorbenen Johanne. Und diese Geschichten sind teilweise etwas fantastisch, beschreiben aber viele Facetten der Toten. Und sie helfen den Familienangehörigen, in ihrer Trauer wieder zueinander zu finden und nicht einzeln unter zu gehen. Denn jede Erinnerung kann zu einer Geschichte werden und jede Geschichte zu einer Erinnerung.
Mit Argusaugen überwacht wird die Familie Mohn von einem Mitarbeiter des Traueramtes, der grundsätzlich Menschen nicht mag. Denn irgendwann ist es in der Umgebung vorbei mit Mitleid und Verständnis für die Trauernden. So überspitzt diese Figur auch dargestellt ist zeigt sie doch auch den Umgang in unserer Gesellschaft mit Tod und Trauer. Neben Mitgefühl dominieren nicht selten Hilflosigkeit, Sensationsgier und Unverständnis auf scheinbar irrationales Verhalten von Trauernden.
Der Schreibstil ist ausgefallen, die kurzen Sätze sehr aussagekräftig und intensiv. Für meinen Geschmack sind manche Geschichten ein wenig zu fantastisch, deshalb einen Stern Abzug.
Fazit: Ein besonderer Roman zu einem Thema, das alle Menschen betrifft. Egal, ob sie selber einen Verlust zu betrauern haben, oder ob sie ihren Umgang mit Trauernden hinterfragen können.