Ein Mann mit Vergangenheit

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buecherfan.wit Avatar

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Der Roman beginnt rasant. Ein Assistenzarzt wird frühmorgens auf dem Weg zum Dienst im Krankenhaus überfallen, weil sein Angreifer auf Grund seiner Berufskleidung wohl Drogen und Geld bei ihm vermutet. Aus der Sicht des noch namenlosen Ich-Erzählers wird beschrieben, wie gekonnt er den Angriff abwehrt. Hier gibt es bereits deutliche Signale, dass es mit diesem Arzt etwas Besonderes auf sich hat. Er verwendet seine medizinischen Kenntnisse, um den Gegner unschädlich zu machen, aber es wird zugleich deutlich, dass er asiatische Kampftechniken perfekt beherrscht. Er kann sich nur mit Mühe beherrschen, den Angreifer nicht völlig zu vernichten. Zum Schluss nimmt er ihm die Waffe ab und steckt sie ein. An dieser Stelle wird offenkundig, dass er eine dunkle Vergangenheit hat ("Alte Gewohnheiten wird man nicht so schnell los.").

Als er im Krankenhaus die Patientenakten durchsieht, stößt er auf den Namen Nicholas LoBrutto, der ihm vage bekannt vorkommt. Die Prognosen für diesen Patienten sind ausgesprochen schlecht. LoBrutto erkennt ihn sofort: "Die Bärentatze! Sie wollen, dass du mich umbringst!" Jetzt ist offensichtlich, dass der Arzt der Mafia nahestand, vermutlich ein Killer war. Wie es dazu kam, wird in einer ausführlichen Rückblende im 2. Kapitel berichtet. Der Ich-Erzähler wurde von seinen Großeltern aufgezogen, die ermordet wurden, als er 14 Jahre alt war. Da die Polizei sich  nicht besonders bemüht, die Morde aufzuklären, setzt der Enkel alles daran, seinerseits die Schuldigen aufzuspüren. Da alle Anzeichen auf Täter im Umfeld der Mafia verweisen, sucht er entsprechende Kontakte und freundet sich in einem speziellen Internat mit Adam Locano an. Er wird von dessen Familie aufgenommen, bekommt offensichtlich auf diese Weise auch die Informationen, die er braucht.

Der Romananfang ist spannend und liest sich gut. Es gelingt dem Autor, das Interesse des Lesers für die Geschichte des Jungen, der ursprünglich Pietro Brnwa hieß, zu wecken.  Die Charakterisierung des Protagonisten finde ich sehr gelungen: er hat viel erlebt, viele schlimme Dinge getan. Als Arzt in einem schlecht geführten Krankenhaus mit zu wenig und unqualifiziertem Personal  ("Den Nachtdienst hatten so ein paar lettische Arschkrücken.")  scheint er seine Arbeit dennoch gewissenhaft zu erledigen, auch wenn er den Tag nur mit Hilfe von Drogen übersteht. Trotz seines Zynismus, seiner Gewaltbereitschaft und seiner derben Sprache wird er nicht unsympathisch dargestellt. Ich glaube, dass  der Roman mit diesem ungewöhnlichen Protagonisten sehr lesenswert ist.