perfekter Stoff für hart verpackte Thrillerleser

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jdaizy Avatar

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„Es klackt laut, und ein kühler frischer Luftzug weht in den Wagen. Endlich. Sie kneift die Augen zusammen, in der Erwartung, dass gleich das Licht angeht. Dann kracht die Tür wieder zu, und eine Gestalt beugt sich über sie. Eine Taschenlampe flammt auf, und das Licht brennt in ihren Augen wie Feuer. Sie will fragen was mit ihrer Wirbelsäule ist, bringt aber kein Wort heraus. Jäh erinnert sich ihr Körper an all die Verletzungen und straft sie mit Schmerzen. ⎮…⎮ Das Einzige, was sie noch wahrnimmt, ist ein feuchtes Tuch auf ihrem Gesicht. Ihre Sinne schwinden. Gleichgültigkeit lullt von jetzt auf gleich ihre Gefühle wieder ein. Vielleicht, denkt sie noch, war das Krankenhaus ja voll.“


Als Elfjähriger begeht Gabriel einen folgenschwerer Fehler als er die strengen Regeln seines Vaters missachtet und heimlich den verbotenen Keller des Hauses betritt. Keiner weiß, was er dort gesehen hat. Sein Gedächtnis ist wie ausgelöscht. Dreißig Jahre lang.
Nach einem langen Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie gibt ihm Yuri ein Dach über den Kopf und später mit seiner Arbeit bei Python Security wieder Orientierung und Halt im Leben.
Als Gabriel zu seiner Freundin Liz zieht, scheint alles perfekt. Doch Liz gerät in die Hände eines gefährlichen Psychopathen und nur Gabriel kann sie retten. Doch dazu müsste er sich erinnern. Er gerät ins Fadenkreuz des Psychopathen und der Polizei und muss lernen zu vertrauen. Doch wer ist Freund und wer ist Feind? Kennt Gabriel den Entführer von Liz? Und welche gefährlichen Erinnerungen verbergen sich in seinem Kopf?

Als bekennender Coverkäufer ist mir der Debütroman von Marc Raabe mit seinem dreckigen Grau und dem intensiven Rot sofort ins Auge gefallen. Auch der Klappentext klang so vielversprechend, dass ich in der Buchhandlung einen Blick ins Buch riskiert habe.
Der Prolog startet dann so intensiv und aufwühlend, dass ich nicht anders konnte als dieses Buch zu kaufen - und sofort zu lesen. Man kann es, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen.
Der Autor, Geschäftsführer und Gesellschafter einer Fernsehproduktionsfirma, versteht sein Handwerk. Soviel steht fest.

Obwohl mit Gabriel als Hauptfigur vom Wesen her fremd geblieben ist, konnte ich mich ihm emotional nicht entziehen. Die Frage, was er gesehen und erlebt hat und welche Erinnerungen er mit sich trägt, hielten mich immer nah bei ihm. Auch die Tatsache, dass er mit der offenen, neugierigen Journalistin Liz, dass erste Mal in seinem Leben eine Frau an seiner Seite hat, die ihm dann mit Brutalität entrissen wird, fand ich spannend.
Alles in allem besticht dieses Debüt, neben den komplex gezeichneten Charakteren, mit düsterer Atmosphäre, rasanten Kapiteln, die einen nicht zum Luft holen kommen lassen und mit (psychologischer) Spannung bis zur letzten Seite.

Der Debütroman ist im April 2012 im Ullsteinverlag erschienen - als Taschenbuch, obwohl er mit 58 Kapiteln auf 446 Seiten einen beachtlichen Umfang aufweist. Er besticht mit kurzen Kapiteln und griffigen Seiten und einem aussagekräftigen Cover.
Auch der Schreibstil des Autors gefällt mir ausgesprochen gut. Männlich, morbide und sehr intensiv hat er einen hohen Wiedererkennungswert. An der ein oder anderen Stelle wirkt die Szenerie manchmal (noch) etwas angestrengt und die Figuren (insbesondere Liz) etwas zu „heldenhaft“. Trotzdem konnte mich dieser Psychothriller absolut fesseln. Warnung: Einmal angefangen, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen!


Fazit:
Ein gelungenes, eindringliches Debüt. Rasant, psychologisch durchdacht und definitiv nichts für schwache Nerven. Meine absolute Leseempfehlung für hart verpackte Psychothriller-Freunde.