Ehrlicher Familienroman in der heutigen Zeit

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madamebiscuit Avatar

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Dieser Roman hat mich ab der ersten Seite in seinen Bann gezogen. Die Familie Schönwald, angesiedelt in der gebildeten Oberschicht, stellt ein schonunglos ehrliches Abbild unserer Gesellschaft dar. Alle leben mit ihren Geheimnissen voreinander und machen sich dadurch das Leben schwer.
Die Familie trifft das erste Mal seit Jahren zur Eröffnung des queeren Buchladens der Tochter Karolin aufeinander und es kommt in den folgenden Tagen zur Offenlegung all des Ungesagten.
Philipp Oehmke beschreibt seine Charaktere dabei alle entlarvend ehrlich und zugleich absolut menschlich. Er zeigt auf, wie sehr wir geprägt sind von unserem familiären Habitus und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zwängen unterlegen sind. Wie persönliche Träume und Wünsche mit der Realität kollidieren und wie sehr wir bereit sind mit Lügen zu leben, um den Schein wahren zu können. Dabei ist der Autor nicht respektlos seinen Figuren gegenüber, aber so pointiert, dass es eine Freude ist bei diesem Kammerspiel der Schönwalds in der ersten Reihe sitzen zu können.
Eingebettet ist die Handlung in der Zeit zwischen den 1970gern und heute. Hier zeigt sich das große politische und zeitgeistliche Wissen des Autors, der geschickt aktuelle Themen mit in die Handlung einfließen lässt und den Roman dazu zusätzlich bereichert.
Absolut begeistert hat mich dabei der elaborierte Schreibstil von Philipp Oehmke, der einen weiteren Punkt des Lesegenuss für mich ausgemacht hat.

Eine klare Leseempfehlung für alle, die Lust auf einen aktuellen Familienroman ohne Kitsch, dafür aber mit sprachlich hohem Niveau haben.