Familiengeheimnisse

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stricki Avatar

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Das Buch hat eigentlich alles: aktuelles Zeitgeschehen, kantige Charaktere, Moralvorstellungen, Lügen und Geheimnisse. Und trotzdem zieht sich die Geschichte der Schönwalds auf stattlichen 543 Seiten zäh wie Kaugummi in die Länge. Zum Ende nimmt es nochmal Fahr auf, wird es wieder spannend - um dann zu verpuffen, ohne dass meine drängendste Frage auch nur angesprochen worden wäre! Ich mag offene Enden. Was ich nicht mag, wenn sich ein Buch größtenteils um ein Vorkommnis dreht, das dann aber - im Eifer des Gefechts - vergessen wird? Vielleicht werden Probleme auch im echten Leben oft genau so "behandelt", in diesem Fall hätte ich es mir anders gewünscht.

Ich mochte die Story um den ältesten Sohn Chris, den das grausame Schicksal ins Trumpsche Lager gespült hatte. Gute Idee. Oder den queeren Buchladen von Karolin, der Tochter mit der kurzen Ehe und geheimnisvoller sexueller Orientierung und als Gegenpol das spießige Nesthäkchen Benni mit Vorzeigefamilie im Eigenheim im Osten. Dazu kauzige Eltern, die wirklich speziell sind.

Hätte Oehmke dieses Material auf die Hälfte der Seiten gestrafft und dann noch ein paar Schwierigkeiten mit Knall zu Ende geführt, würde ich dem Buch nun mit deutlich mehr Begeisterung gegenüber stehen. Nichtsdestotrotz ein solider Gesellschaftsroman, der sich gut lesen ließ.