Risse in der Familienchronik

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
wilde hummel 1 Avatar

Von

Philipp Oehmke hat einen äußerst facettenreichen Familiengeschichte geschrieben. Mit über 540 Seiten gibt er der Familie Schönwald eine Geschichte. Ruth und Hans-Harald (Harry) als Eltern der inzwischen erwachsenen Kinder Chris, Karolin und Benny kommen in Berlin zusammen, um die Eröffnung eines queren Buchladens zu feiern. Aber was als gut gemeintes Projekt starten soll, gerät sofort in eine Konfrontation mit Vorwürfen, dass der Laden mit Nazigold finanziert wäre. Soweit der Einstieg in ein Familienportrait, das zunehmend die einzelnen Beteiligten individuell vorstellt und dabei sehr geschickt, Rückblicke in einschneidende Ereignisse einfädelt. Das Verschweigen, das Heimliche, die jeweils erlebten persönlichen Dramen und Geschichten werden aufgedeckt und die Familienfassade erhält Risse. Das Dogma der Eltern 'man muss nicht alles offenlegen' wird entlarvt, indem es das daraus resultierende Unglücklichsein der Kinder zeigt. Der entlassene Uniprofessor Chris verkauft sich an die Liga der Trump-Unterstützer, Karolin hat eine gescheiterte Ehe und Benny verkriecht sich hinter seiner schwerreichen Gattin in der ländlichen Uckermark. Philipp Oehmke gibt allen Familienmitgliedern eine aufdeckende Geschichte, durchbricht somit das Schweigegelübde und zeichnet ganz nebenher eine aktuelle gesellschaftliche Wirklichkeit und ist politisch brisant. Eine Portion Humor verhindert belehrendes Besserwissen. Es wurde ein dickes Buch, weil auch viel hineingepackt wurde und ich kann es absolut empfehlen.