Zu viel Geschwafel

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Ruth ist die Matriarchin der Familie Schönwald über die sie vor allem mit Schweigen und Abwiegeln herrscht, gespickt mit Spitzen gegenüber der Schwiegertochter. Ihr Mann Harry kuscht und ihre drei Kinder wollen es ihr ebenso recht machen und merken gar nicht wie sie sich dem Schweigen anschließen. Doch dann will Tochter Karolin einen queeren Buchladen eröffnen, was sie mit dem Geld aus ihrem Erbe mütterlicherseits finanziert. Prompt ruft sie damit „Insta-Kids“ auf den Plan, die das Geld als „Nazigold“ bezeichnen. Und die Schönwalds müssen zugeben, dass sie sich tatsächlich nie mit der Vergangenheit auseinandergesetzt haben.
„Schönwald“ von Philipp Oehmke musste ich abbrechen. 260 Seiten habe ich durchgehalten, weil ich dachte, da kommt noch was. Wer holt denn so weit aus, schildert jede Banalität von jeder Figur, ohne dass es von Bedeutung ist? Vielleicht ist es das auch, vielleicht hätte ich mich weiter durchkämpfen müssen, aber es hat mich einfach nicht gepackt.
Ich hatte das Gefühl, Philipp Oehmke hat bestimmte Themen nur angeschnitten, um zu provoziere und damit mehr zu verkaufen, aber so was will ich nicht mehr lesen. Ich will gute Geschichten, die auf den Punkt sind, nicht Geschwafel, hinter dem ich den Sinn suchen muss.
Beworben wird dieses Romandebüt auch noch mit einem Spiegel-Bestseller-Autor-Aufkleber. Ja klar, wenn man eine Biographie über eine Band wie Die Toten Hosen schreibt, hat man automatisch eine riesige Fanbase hinter sich. Das heißt aber nicht, dass man über 500 Seiten ausholen muss, um jeden Gedanken, den man in den letzten Jahren hatte, zu äußern und dabei auf jeden Zug aufzuspringen, der in der Ferne zu sehen ist, ob es nun Identität, Nazivergangenheit oder Trump ist. Manche kontroverse Passage hat sich auch noch angefühlt als würde er (als Autor) das so meinen, als wär das tatsächlich sein Gedankengut. Hinzu kam der sprunghafte Wechsel der Perspektive, welcher mich immer wieder nach Halt suchen ließ. Sprachlich hat es mich auch nicht umgehauen.
Wieso also weiterlesen?