Die Übersehenen
Normalerweise zieht mich ein Buch bereits durch ein ausdrucksstarkes oder besonders schön gestaltetes Cover in seinen Bann. Bei „Schwanentage" war das jedoch nicht der Fall. Vielmehr weckte die Autorin Zhang Yueran mein Interesse. Sie gilt heute als eine der einflussreichsten Schriftstellerinnen Chinas und zählt zu den wichtigsten Stimmen der jungen, urbanen Literatur.
Die Geschichte von „Schwanentage“ wird aus der Sicht des Kindermädchens Yu Ling erzählt. Sie ist der stille, gute Geist der Familie und hütet hingebungsvoll den siebenjährigen Kuan Kuan. Sie backt, kümmert sich um die Gäste und erahnt selbst den kleinsten Wunsch im Voraus.
Eines Tages beschließt sie, ihr Leben verändern zu wollen, und plant, den Sohn der Familie zu entführen, um Lösegeld zu erpressen und sich so ein besseres Leben zu ermöglichen.
Als der Großvater und der Vater wegen Korruptionsverdachts festgenommen werden und die Mutter spurlos verschwindet, gerät alles aus den Fugen – und plötzlich steht Yu Ling vor Entscheidungen, die das Leben von ihr und dem Jungen für immer verändern kann.
Die Figur der Yu Ling hat mich fasziniert. Sie ist keine einfache, skrupellose Entführerin, die ohne Rücksicht nur ein besseres Leben sucht. Vielmehr wägt sie ihre Zukunft ab, in der ihr als Frau kaum Möglichkeiten offenstehen. Obwohl sie vielseitig begabt ist, hat sie ohne starken familiären und finanziellen Rückhalt nur wenige Optionen.
Yu Ling repräsentiert viele Menschen, die in der Gesellschaft unbeachtet bleiben und vergessen werden. Care-Arbeit in all ihren Formen wird von ihnen vorausgesetzt, ihr stilles Leiden dagegen akzeptiert.
Die komplexen Beziehungsdynamiken im Roman sind äußerst fein herausgearbeitet, jedes Wort sitzt perfekt. Mit ihrem Schreibstil gelingt es der Autorin, kleine Alltagsszenen mit unterschwelliger Intensität einzufangen. Dabei hebt sie den tiefgreifenden Klassismus, die unüberbrückbaren Hierarchien und das Aushalten von Ungerechtigkeiten gekonnt hervor.
Und obwohl die Geschichte in China spielt, ist sie universell gültig für Orte auf der Welt, an denen soziale Schranken das Leben vieler Menschen begrenzen und jene, die oft im Verborgenen wirken, selten wahrgenommen werden.
Als Kritikpunkt bleibt allerdings, dass ich mir mehr tiefgehende innere Monologe oder reflektierende Passagen gewünscht hätte.
Yu Ling bleibt in ihrer Loyalität gegenüber dem Kind und der Familie zu sehr gefangen, und ihre eigenen Wünsche und Gedanken treten nur am Rande in den Vordergrund. Sie scheint kaum die Möglichkeit zu haben, sich selbst und ihre innere Welt wirklich zu entfalten. Ihre Wünsche wirken für mich etwas zu fern, um mich in sie hineinversetzen zu können.
Der Roman „Schwanentage“ ist für all jene geeignet, die keine hochglanzpolierten und dramatisch überfrachteten Geschichten suchen.
Die leise, poetische Erzählung besticht durch ein feines Gespür für Zwischenmenschliches und soziale Ungleichheiten.
Die Geschichte von „Schwanentage“ wird aus der Sicht des Kindermädchens Yu Ling erzählt. Sie ist der stille, gute Geist der Familie und hütet hingebungsvoll den siebenjährigen Kuan Kuan. Sie backt, kümmert sich um die Gäste und erahnt selbst den kleinsten Wunsch im Voraus.
Eines Tages beschließt sie, ihr Leben verändern zu wollen, und plant, den Sohn der Familie zu entführen, um Lösegeld zu erpressen und sich so ein besseres Leben zu ermöglichen.
Als der Großvater und der Vater wegen Korruptionsverdachts festgenommen werden und die Mutter spurlos verschwindet, gerät alles aus den Fugen – und plötzlich steht Yu Ling vor Entscheidungen, die das Leben von ihr und dem Jungen für immer verändern kann.
Die Figur der Yu Ling hat mich fasziniert. Sie ist keine einfache, skrupellose Entführerin, die ohne Rücksicht nur ein besseres Leben sucht. Vielmehr wägt sie ihre Zukunft ab, in der ihr als Frau kaum Möglichkeiten offenstehen. Obwohl sie vielseitig begabt ist, hat sie ohne starken familiären und finanziellen Rückhalt nur wenige Optionen.
Yu Ling repräsentiert viele Menschen, die in der Gesellschaft unbeachtet bleiben und vergessen werden. Care-Arbeit in all ihren Formen wird von ihnen vorausgesetzt, ihr stilles Leiden dagegen akzeptiert.
Die komplexen Beziehungsdynamiken im Roman sind äußerst fein herausgearbeitet, jedes Wort sitzt perfekt. Mit ihrem Schreibstil gelingt es der Autorin, kleine Alltagsszenen mit unterschwelliger Intensität einzufangen. Dabei hebt sie den tiefgreifenden Klassismus, die unüberbrückbaren Hierarchien und das Aushalten von Ungerechtigkeiten gekonnt hervor.
Und obwohl die Geschichte in China spielt, ist sie universell gültig für Orte auf der Welt, an denen soziale Schranken das Leben vieler Menschen begrenzen und jene, die oft im Verborgenen wirken, selten wahrgenommen werden.
Als Kritikpunkt bleibt allerdings, dass ich mir mehr tiefgehende innere Monologe oder reflektierende Passagen gewünscht hätte.
Yu Ling bleibt in ihrer Loyalität gegenüber dem Kind und der Familie zu sehr gefangen, und ihre eigenen Wünsche und Gedanken treten nur am Rande in den Vordergrund. Sie scheint kaum die Möglichkeit zu haben, sich selbst und ihre innere Welt wirklich zu entfalten. Ihre Wünsche wirken für mich etwas zu fern, um mich in sie hineinversetzen zu können.
Der Roman „Schwanentage“ ist für all jene geeignet, die keine hochglanzpolierten und dramatisch überfrachteten Geschichten suchen.
Die leise, poetische Erzählung besticht durch ein feines Gespür für Zwischenmenschliches und soziale Ungleichheiten.