Es geht um Loyalität, Ehrlichkeit, Anständigkeit und Gerechtigkeit im heutigen China.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
easymarkt3 Avatar

Von

Das auffällige Fabelwesen auf dem Cover könnte der chinesische Phoenix als König der Vögel darstellen, in der Zusammensetzung von verschiedenen Vögeln. Will die Autorin Missstände ihres Landes beklagen und Spannungen innerhalb der immer noch stark hierarchisch gegliederten Gesellschaft sichtbar machen, so bedient sie sich auch der Symbolik der Gans und des Schwans. Von allen Vögeln besitzt die Wildgans in der chinesischen Tradition wahrscheinlich die meisten Tugenden. Sie gilt als wohlwollend, weil sie immer in Gruppen fliegt und die jungen und gesunden Vögel die Schwachen oder Alten nicht aufgeben; sie gilt als diszipliniert, weil ein Schwarm Wildgänse immer die Formation halten kann; sie gilt als vertrauenswürdig, weil sie regelmäßig und zuverlässig von Norden nach Süden zieht. Und vor allem gilt sie als treue Liebhaber, die nur einen Partner fürs Leben haben. Mit ebensolcher Loyalität, Integrität und Liebe ist die Hauptperson Yu Ling, Kindermädchen des wohlhabenden Ehepaars der chinesischen Elite in Peking, ausgestattet. Deren 7-jähriger Sohn Kuan Kuan vergöttert Yu, die aus ihrer Perspektive Einblick gibt in gesellschaftspolitische Dynamiken von Disziplinarverfahren auf höherer Ebene, aber auch auf niederer Arbeitnehmerebene. Der Junge sieht in der vom LKW gekauften Gans, verkörpert durch Yu, einen fliegenden Schwan, gilt dieser doch als Symbol für Schönheit, Freiheit, Wandel und Transformation. Er verkörpert aber auch Reinheit und eine sanfte, aber starke Energie, die zu innerem Wachstum und der Entdeckung verborgener Weisheiten führen kann. Und so wächst Yu Ling schließlich erzwungenermaßen in eine neue Rolle hinein, mit dem geheimnisvollen USB-Stick in ihrer geballten Faust, und gibt dem Leben einiger Menschen eine andere Richtung. In einem Kalkül zwischen dem Gefühl der Macht aufgrund des USB-Sticks und Groll gegen Ungerechtigkeit und Korruption, jedoch ohne Vertrauen ins politische System, endet der Roman und lässt viel Freiheit für Fantasie.