Solider Kriminalroman, guter Regionalkrimi

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aennie Avatar

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Schwarzer Lavendel ist der zweite Band der Krimireihe um Gerichtsmediziner Dr. Leon Ritter.

Dr. Ritter, 48 Jahre alt, hat eine französische Mutter und einen deutschen Vater und ist zweisprachig aufgewachsen. Durch einen Flugzeugabsturz vor einigen Jahren in Thailand verlor er seine Frau Sarah. In der Folge vernachlässigte er seinen Beruf, und stellte eigene Nachforschungen an, da er den Unfalltod seiner Frau nicht akzeptieren und überwinden konnte.
Seit einigen Wochen nun ist er als Médicine légiste am Krankenhaus Saint Sulpice in Hyères beschäftigt. In der Provence, genauer in Le Lavandou, Département Var, soll ein neuer Lebensabschnitt, vielleicht sogar mehr für ihn beginnen. Eine erste Bleibe hat er in einem Gästezimmer bei Capitaine Isabell Morell und ihrer 15-jährigen Tochter Lilou gefunden.

Bereits im ersten Band der Reihe wird Ritter unmittelbar nach seiner Ankunft in seinen ersten „Fall“ hineingezogen, und auch einige Wochen später geschehen erneut Dinge, in diesem beschaulichen Abschnitt der Cote d‘Azur, die Polizei und Rechtsmedizin auf den Plan rufen. Dr. Ritters Tante Odette schenkt ihm ein kleines Weingut bei Pierrefeu und bei der ersten Besichtigung des vernachlässigten Gebäudes findet Lilou in einem naheliegenden Schuppen eine Leiche, genauer gesagt eine gut erhaltene mumifizierte junge Frau, die seit 4 Jahren vermisst wird. Die Obduktion zeigt, dass hier keine spontane Mumifizierung stattfand, sondern jemand im Gegenteil den Leichnam sorgfältig und fachmännisch präparierte.
Was hat dies zu bedeuten? Ist auch die junge deutsche Studentin, die seit ein paar Tagen verschwunden scheint und verzweifelt von ihrer Zwillingsschwester gesucht wird, in Gefahr? Deutet der „Pharao“ in Aix-en-Provence daraufhin, dass ein Serientäter seit Jahren in der Gegend sein Unwesen treibt? Dr. Ritter lässt nicht locker, auch wenn dies deutlich gegen den Strich der zuständigen Polizei in Le Lavandou, insbesondere Thierry Zerna, geht, der vor allem verhindern möchte, dass schon wieder Kommissarin Lapierre aus Toulon die örtliche Polizei vom Fall abzieht.

Alles in allem, ein sehr sehr solider Krimi. Ich habe mir unmittelbar nach dem Gewinn auch den ersten Band „Tödlicher Lavendel“ gekauft und gelesen, zumal dieser sehr gute Bewertungen erhalten und die Leseprobe mir sehr gut gefallen hat. Dies ist nicht nötig, aber natürlich kennt man die Protagonisten einfach schon ein Stück weit besser. Ich finde Erzählstil und Tempo sehr angenehm, die Figuren sind gut und sympathisch gezeichnet, bzw. die „Antagonisten“ charakteristisch und treffend ausgearbeitet. Mir gefällt auch die Horizontalhandlung der Reihe recht gut, hier ist eindeutig wieder ein positiv heraus zu hebender Regionalkrimi gelungen, die Atmosphäre, der Landstrich und seine Bewohner finde ich (als Außenstehende und nicht-Ortskundige) gut getroffen. Sehr schön finde ich, dass der Aspekt der „Kulinarik“ nicht so übertrieben wird wie leider sonst oft. Ich koche und esse auch gerne, aber ein Krimi ist ein Krimi. Dr. Ritter kauft auch Oliven, Isabell kocht Couscous oder man trinkt (eigentlich ständig) ein Glas Rosé, aber es artet nicht in Kochorgien oder Monologen aus (was in jedem Buch außer „Es muss nicht immer Kaviar sein“ inakzeptabel ist, sorry).
Ein bisschen gestört hat mich eine Tatsache, die jemandem, der den ersten Band nicht gelesen hat gar nicht auffällt, ich finde aber, dass Autor oder Lektorat hier auf eine bessere Idee hätten kommen können: In Tödlicher Lavendel spielt ein autistischer Junge eine Rolle, kurz gerät er unter den Verdacht, mit dem Verschwinden, kleiner Mädchen zu tun zu haben. In Schwarzer Lavendel beauftragt Dr. Ritter einen mental retardierten jungen Mann mit der Renovierung seines Hauses, der prompt eine Leiche findet und unter den Verdacht gerät, etwas mit den mumifizierten Leichnamen zu tun zu haben. Naja… wie gesagt, das hätte nicht so stereotyp sein müssen.
Ansonsten: wirklich gut, angenehm zu lesen und ich freue mich auf Band drei.