Die Grenzen zum Wahn

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
gormflath Avatar

Von

Kommissar Martin Servaz aus Toulouse wird zum Tatort eines Mordes gerufen. Das Opfer, die Frau des Krimiautors Erik Lang, liegt inmitten giftiger Schlagen und trägt ein Kommunionkleid.
Bereits bei seinem ersten Fall vor 25 Jahren hatte der junge Kommissar mit Erik Lang zu tun. Damals wurden am Ufer der Garonne in den Pyrenäen die beiden ermordeten Schwestern Alice und Ambre Oesterman gefunden, beide waren gefesselt und trugen weiße Kommunionkleider. Beide Mädchen waren glühende Fans des Krimiautors, bei einer Hausdurchsuchung fand Servaz Briefe des Autors an die Mädchen, die eindeutig sexuelle Anspielungen enthalten – sowie dessen Bestseller „Das Kommunikantin“. Hat Erik etwas mit den Morden zu tun? Der Medizinstudent Cedric Dhombres scheint den Mörder zu kennen, und er hat Angst. Gerade als sich die Lage für Erik Lang zuzuspitzen schien, erfuhr der Fall eine dramatische Wendung. Dhombres beging Selbstmord und hinterließ einen Bekennerbrief zu den Morden. Danach wurde der Fall zu den Akten gelegt, aber für Servaz stand fest, etwas Wichtiges übersehen zu haben.
25 Jahre später, im Jahr 2018, erinnert sich Servaz an seinen ersten Fall. Krimiautor Erik Lang scheint über den Tod seiner Frau ehrlich entsetzt und tief betroffen zu sein. Hat der Mörder von früher wieder zugeschlagen, haben sie früher den Falschen erwischt?
Servaz ermittelt wieder und wird immer mehr in die Ereignisse verstrickt. Gibt es einen Zusammenhang zwischen 1988 und dem neuen Mord? Wer war bzw. ist der Täter? Haben die Ermittler damals einen schwerwiegenden Fehler gemacht? Eine DNS-Analyse aller drei Mordopfer fördert schließlich Erstaunliches zutage
Die späte Aufklärung der Morde ist wirklich überraschend. Der 5. Psychothriller um Kommissar Servaz des mehrfach preisgekrönten französischen Bestsellerautors Bernard Minier birgt erneut düstere Spannung mit vielen unerwarteten und nicht immer leicht zu durchschauenden Wendungen bis zum überraschenden Ende. Der Roman lässt sich gut ohne Kenntnis der Vorgängerbände lesen, die grausamen Geschehnisse nehmen gleich zu Beginn an Fahrt auf, auf eine faszinierende Art baut Minier einen Spannungsbogen um Lebenslügen und Suggestion auf und führen zu manchen Verwirrungen. Minier verwendet eine sehr detailgetreue Sprache, beispielsweise bei der Obduktion der toten Mädchen oder bei der Begegnung mit den Giftschlangen in Langs Haus. In seinem überaus gelungenen Thriller zeigt der Autor die grausamen Grenzen zum Wahn auf, die häufig überschritten werden. Für mich ist dieses Buch ein Highlight des Jahres, dem ich viele Leser wünsche.