Tatort Malmö zum Zweiten

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Der Frachter „Star Clipper“ kollidiert in der Nacht auf den 18. Januar 1980 mit einem Brückenpfeiler der mächtigen Bogenbrücke. Wir sind an der schwedischen Westküste. Der Lotse muss zusehen, wie ein Auto von der Brücke direkt in den Abgrund stürzt, dann noch eins und noch einige mehr. Dass die Straße plötzlich weg war, konnte der Autofahrer nicht sehen. Fünf PKW und ein LKW wurden später gefunden, acht Personen konnten nur noch tot aus den Fluten geborgen werden. Der Lotse wundert sich, denn er hat ein Auto mehr gezählt. Er muss sich wohl geirrt haben.

Nach dem Prolog, den ich lange nicht zuordnen kann, bin ich im heutigen Schweden. Ein lebloser Körper wird in einem schmalen Boot, das am Uferrand liegt, gefunden. Schon allein der Leichenfund an sich ist schlimm, der Zustand der Leiche jedoch lässt einen schaudern. Ein Krokodilkopf, der mit engen Stichen an den Hals genäht wurde, ersetzt den menschlichen Kopf.

Ein Fall für Jon Nordh und seine Kollegin Svea Karhuu. Nach „Tode, die wir sterben“ ist es der zweite, nicht minder nervenaufreibende Fall für die beiden Kommissare, deren Privatleben auch nicht ohne ist. Nordhs Ehefrau ist tödlich verunglückt und noch heute drängt es ihn, die Hintergründe zu durchleuchten. Auch Karhuu lässt ihre Vergangenheit nicht los, auch sie muss dem Ganzen auf den Grund gehen. Dabei haben sie für ihre privaten Ermittlungen gar keine Zeit, denn diesem Krokodilmann folgen weitere Tote. Allesamt mit festgenähten Tierköpfen. Eine True-Crime-Podcasterin mischt kräftig mit, sie plaudert um des Erfolges willen zu viel, dann verschwindet ein junges Mädchen. Wie es aussieht, haben sie es mit einem Serienmörder zu tun.

Diesmal führt mich das deutsch-schwedische Autorenpaar Voosen/Danielsson in die Welt der altägyptischen Götter. Ich lese von Hieroglyphen, die entziffert werden wollen und von den Krokokiller-Morden, wie Pernille Friis, die Podcasterin, ihre True-Crime-Ergüsse nennt. Dazwischen bin ich immer mal wieder in Chile bei Colonia Dignidad, was mich zunächst verwirrt, ich aber bald einen Zusammenhang sehe.

Es sind einige Erzählstränge, denen ich gebannt folge, wobei mir die Gottheiten und deren Bedeutung zu viel Raum einnimmt und die ansonsten spannende Story ausbremst. Wie werden die Opfer ausgewählt? Klima und Umweltschutz klingen an, aber auch Wut, Diebstahl und Habgier. Ist das Motiv für die grausamen Taten hier zu suchen? Oder treibt den Täter etwas ganz anderes um? Lange tappe ich im Dunkeln, auch wenn ich dieser Spur zu Chile näherkomme. Ansonsten aber bin ich lange ratlos und zuweilen muss ich ob so manch brutaler Details ganz schön schlucken.

Die Charaktere sind vielschichtig angelegt, allen voran Nordh und Karhuu, zwei ganz und gar unterschiedliche Persönlichkeiten, beide sind sie greifbar trotz oder gerade wegen ihrer privaten Momente, die sie sehr nahbar machen. Und doch sind sie in erster Linie Polizisten, die ihren Job ernst nehmen. Diesen Kroko-Fall wollte Nordh zunächst ablehnen, da er um die psychische Belastung wusste. Für Karhuu aber kam das nicht infrage, also ziehen beide an einem Strang. Und sie ziehen ihre komplexen Ermittlungen durch bis zum Schluss, der ihnen beiden ziemlich zusetzt.

Tatort Malmö, Band zwei, ist in sich abgeschlossen, man muss den ersten Band nicht unbedingt gelesen haben. Das Wichtige, also das Private und der Werdegang von Jon Nordh und Svea Karhuu, ist in die Story gut eingeflochten. Ich habe beide Bücher im Rekordtempo gelesen und nun bin ich auf die „Opfer, die wir bringen“ gespannt.