Verbrechen im soziokulturellen Kontext

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susank Avatar

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Im südschwedischen Malmö wird eine Leiche gefunden, die statt ihres menschlichen Kopfes einen Krokodilkopf trägt. Der verwitwete Kommissar Jon Nordh und seine strafversetzte Kollegin Svea Karhuu nehmen - durchaus widerwillig - die Ermittlungen auf. Schon bald werden weitere Opfer aufgefunden, und nicht zuletzt anhand der altägyptischen Symbole auf den Leichen wird klar, dass der Täter, der seine Opfer als altägyptische Gottheiten inszeniert, HInweise gibt und es sich um einen Serienmörder handelt. Als auch noch eine zwielichtige True-Crime-Podcasterin in den Fall verwickelt wird, steigt der Druck der Öffentlichkeit auf die Polizei. Und als schließlich ein junges Mädchen verschwindet, spitzt sich die Lage endgültig zu. Aber auch neben den eigentlichen Ermittlungen gibt es dramatische Wendungen im Privatleben der beiden Ermittler, die diese in große Schwierigkeiten bringen....

"Schwüre, die wir brechen" ist bereits der zweite Fall der Ermittler Jon Nordh und Svea Karhuu aus der Reihe "Tatort Malmö" des deutsch-schwedischen Autorenehepaares Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson, auf den ich bereits begierig gewartet hatte, um mehr über die spannenden Schicksale des Ermittlerduos zu erfahren. Ja, tatsächlich, denn während ich mich sonst an weitschweifigen Berichten über die Ermittler abseits der zu lösenden Fälle störe, sind in der Tatort "Malmö" - Reihe die Geschichten von Jon und Svea selbst eigenständige Krimis, die ständig weiterlaufen - und die ich überaus interessant und berührend finde. DIese Erzählstränge wissen natürlich Leser*Innen des ersten Bandes besonders zu schätzen; jedoch auch Neueinsteiger werden durch kurze Erklärungen auf den aktuellen Stand gebracht.

Während im ersten Band noch Malmö als Stadt eine wichtige Rolle spielte, ist der Ort hier eher belanglos.
Im MIttelpunkt der Geschichte stehen altägyptische Schriftzeichen und Gottheiten, an deren Bedeutung sich diverse Figuren abarbeiten, sowie die Geschichte des Täters: In regelmäßgigen Rückblicken (die kursiv gedruckt sind) erzählen die Autoren chronologisch die Geschichte von Peter, einem elternlosen Jungen, der in der Colonia Dignidad in Chile in den 70er Jahren unter brutalsten Bedingungen aufwuchs und schließlich in ein anderes Leben flüchtete, in dem er auf besondere Art Halt fand.
Überhaupt sind diese zusätzlichen eindringlichen Schilderungen für mich ein Mehrwert in den Büchern von Vossen/Danielsson: schon die auf den ersten Blick außergewöhnliche Geschichte der adoptierten und in Nordschweden aufgewachsenen Svea, die im restlichen Schweden auf Widerstand trifft als auch die unrühmliche Geschichte um die Colonia Dignidad des Sektengründers Schäfers in Chile sind von sozialer Bedeutung und ich habe dazulernen können.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen und die Spannungskurve hoch. Während der polizeiliche Fall nach vielen kleinen Schritten vor und zurück und überraschenden Wendungen gut aufgeklärt wird, lassen die Probleme der beiden Ermittler auf den nächsten Band der Reihe hoffen.

Die Figuren sind mehrdimensional angelegt und trotz ihrer schwierigen Seiten mag ich sowohl Svea als auch Jon sehr. Während Sveas eher polizeiliches Thema (das mich im übrigen sehr berührt!), hat Jon mit einem sehr alltäglichen Problem zu tun: der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie - neben der Trauerarbeit. WIe schön, dass dieses Problem auch einmal einen Mann trifft und nicht immer nur Frauen angelastet wird!

INsgesamt ist die Atmosphäre des Buches eher düster; die Taten sehr brutal und oftmals nicht leicht zu ertragen. (Wer Triggerwarnungen braucht: Morde, Verstümmelungen, Pädophilie, Betrug, Identitätsdiebstahl und vieles mehr werden thematisiert.) Da ist es angenehm zu lesen, dass auch die Polizisten an ihre Grenzen geraten und von Frust überwältigt werden.

Trotz der zahlreichen Themen und Verbrechen gelingt es meiner Meinung nach den Autoren sehr gut, sich nicht zu verzetteln und die Handlungen stringent voranzutreiben.

"Schwüre, die wir brechen" hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle es allen Genre-LIebhabern weiter sofern sie nicht allzu zart beseitet sind.