Meist unterhaltsame Lektüre

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Vieles an „Season Sisters – Frühlingsgeheimnisse“ deutet auf romantisch anmutende Lektüre hin: Cover, Setting in Wales, eine ehemalige „Burgherrin“, eine verflossene Liebe … außerdem erinnert die Grundanlage an Rileys Schwesternreihe, um die ich einen Bogen gemacht habe. Doch Anna Helfords „Season Sisters – Frühlingsgeheimnisse“ weiß mit einer offenbar unangepassten Protagonistin Neugier zu wecken. Die entpuppt sich in der Tat als schwarzes Schaf der Familie: der Enge von Familie, Farm und Dorf schon mit 16 überdrüssig, reißt Spring aus; landet in London, gerät ins Drogenmilieu und wird zu Sozialstunden vergattert, abzuleisten bei Sophia Fowler. Die wirkt auf den ersten Blick wie das genaue Gegenteil von Spring: 80 Jahre alt, kontrolliert, von ihrem Sohn von ihrem eigenen Castle in die Stadt „verbannt“. Doch einmal mehr zeigt sich, dass (junge) Menschen klare Regeln und Grenzen zu schätzen wissen, denn Spring und Sophie freunden sich an – und schon bald wird Spring bewusst, dass Sophias Enkel einst ihre große Liebe war. Um Sophia zu dem Leben zu verhelfen, das ihr „zusteht“, und um mit sich und ihrer Familie ins Reine zu kommen, fahren die beiden nach Wales, wo so manches Familiengeheimnis auf seine Lüftung wartet.

Faktisch erzählt Anna Helford die Geschichte zweier unterschiedlicher Frauen, die aber in ihrer Vergangenheit Anknüpfungspunkte haben. Thematisch kreist die Geschichte vor allem um diese glaubhaft motivierte ungewöhnliche Freundschaft, Familien und ihre Geheimnisse, Vergangenheitsbewältigung bzw. den Prozess, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Natürlich sind die Figuren denkbar plakativ bzw. klischeehaft angelegt: jung, aufmüpfig vs. alt, diszipliniert, aber irgendwie auch liebevoll-konsequente Oma. Auch das Setting mit Farm auf dem Dorf und „zugehörigem Herrenhaus“ sowie die Reise der Protagonistinnen „in die Vergangenheit“ und die erste große Liebe der titelgebenden Protagonistin sind einigermaßen klischeebehaftet. Doch es gibt auch interessante Elemente, als da wären die Frage, warum jemand seine Mutter aus ihrem Haus und der eigenen Umgebung „entfernt“ und sie in der Stadt geradezu darben lässt, wie sich die Beziehung der beiden Frauen entwickelt, was hinter beider Vergangenheit steckt. Das Interessanteste am Buch ist jedoch die Erzählweise: zahlreiche Schwenks zwischen Gegenwart und Vergangenheit und der flotte, sehr flüssig lesbare Schreibstil (vor allem in den Gegenwartspassagen), zu dem auch schräge Einfälle gehören, wie die Namensgebung der Schwestern. Da die Geschichte als erster Band einer Reihe um vier Schwestern angelegt ist, wirft die Autorin schon Köder vor allem zu den Geschichten um Autumn und Summer aus, sodass man zwar nur diese in sich geschlossene Geschichte lesen kann, aber doch wissen will, welches Schicksal die Autorin Springs Schwestern zugedacht hat. Da meine Erwartung eher gering war, konnte mich das Buch positiv überraschen und die 3,5 Sterne werden für eine meist unterhaltsame Lektüre aufgerundet.