Nach der „Marschallin“ ein weiteres hochinteressantes Buch über die erstaunliche Familie del Buono.
Familiengeschichten sind oft Selbstvergewisserung und Heilung von Verletzungen. Abwesende Väter spielen dabei eine große Rolle.
Zora del Buono hat sich in ihrem autofiktionalen Text „Seinetwegen“ allerdings zunächst nicht auf die Suche nach dem sehr früh verunglückten Vater gemacht, sondern versucht den „Töter“ (so nennt sie ihn) ihres Vaters zu finden. Denjenigen, der für den tödlichen Unfall verantwortlich war, bei dem ihr Vater starb.
Sie erfährt eine Menge über den Mann, aber am Ende auch viel über den Vater und die Umstände seines Todes. Ist da zunächst der Hass auf den Unfallverursacher, der sie mit acht Monaten zur Halbwaisen machte, wird es im Laufe ihrer Nachforschungen Interesse an dessen Leben und sogar Mitleid. Das große Schweigen, das den Tod des Vaters umgeben hat, wird aufgebrochen. Sie nähert sich ihrem Vater und der Vergangenheit an. Die an Demenz erkrankte Mutter kann ihr dabei nicht mehr helfen. „Natürlich stellt sich mir die Frage, warum ich ausgerechnet jetzt, wo es in Mutters Kopf derart wirr zugeht, […] diese Recherche unternehme.“ Sie fragt sich, ob es „die Verlorenheit eines Kindes von sechzig Jahren [sei], das allein zurückgelassen wird, unwiderruflich […]“. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk betonte sie „wie hilfreich es sei, wenn alte Familiengeschichten aufgearbeitet werden [.] Weil „Dinge, die dunkel sind, irgendwie verpuffen, wenn sie ins Helle kommen“.
Der Beweggrund, die Recherche auch zu veröffentlichen, ist ihre Vermutung, dass es „mehr Leute betrifft als angenommen, solche, die aus niedergeschriebenen Erfahrungen einer Fremden ihr eigenen Erleben neu betrachten können – und vice versa“. Eine von vielen Funktionen der Literatur überhaupt!
Zora del Buono schreibt knapp, anekdotisch und tagebuchähnlich über ihre Recherche und streut diverse Statistiken und Informationen über Unfälle im Straßenverkehr ein. Schließlich hat es mehrere tödliche Autounfälle in ihrer Familie gegeben.
Sie erzählt aber auch über ihre Beziehung zur Mutter, ihr Leben in Zürich und Berlin, ihre Reisen. Der Rassismus, unter dem in der Schweiz italienischstämmige Menschen (wie auch ihr Vater und sie) zu leiden hatten, wird sehr deutlich gemacht.
Ihr Buch ist nie rührselig, im Gegenteil oft sehr sachlich und hart im Ton. Ich bin der Recherche gern gefolgt. Sie ist bis auf wenige erzählerische Schlenker richtig spannend erzählt. Nach der „Marschallin“ ein weiteres hochinteressantes Buch über die erstaunliche Familie del Buono.
Vielen Dank an @vorablesen und @c.h.beckliteratur für das Leseexemplar!
Zora del Buono hat sich in ihrem autofiktionalen Text „Seinetwegen“ allerdings zunächst nicht auf die Suche nach dem sehr früh verunglückten Vater gemacht, sondern versucht den „Töter“ (so nennt sie ihn) ihres Vaters zu finden. Denjenigen, der für den tödlichen Unfall verantwortlich war, bei dem ihr Vater starb.
Sie erfährt eine Menge über den Mann, aber am Ende auch viel über den Vater und die Umstände seines Todes. Ist da zunächst der Hass auf den Unfallverursacher, der sie mit acht Monaten zur Halbwaisen machte, wird es im Laufe ihrer Nachforschungen Interesse an dessen Leben und sogar Mitleid. Das große Schweigen, das den Tod des Vaters umgeben hat, wird aufgebrochen. Sie nähert sich ihrem Vater und der Vergangenheit an. Die an Demenz erkrankte Mutter kann ihr dabei nicht mehr helfen. „Natürlich stellt sich mir die Frage, warum ich ausgerechnet jetzt, wo es in Mutters Kopf derart wirr zugeht, […] diese Recherche unternehme.“ Sie fragt sich, ob es „die Verlorenheit eines Kindes von sechzig Jahren [sei], das allein zurückgelassen wird, unwiderruflich […]“. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk betonte sie „wie hilfreich es sei, wenn alte Familiengeschichten aufgearbeitet werden [.] Weil „Dinge, die dunkel sind, irgendwie verpuffen, wenn sie ins Helle kommen“.
Der Beweggrund, die Recherche auch zu veröffentlichen, ist ihre Vermutung, dass es „mehr Leute betrifft als angenommen, solche, die aus niedergeschriebenen Erfahrungen einer Fremden ihr eigenen Erleben neu betrachten können – und vice versa“. Eine von vielen Funktionen der Literatur überhaupt!
Zora del Buono schreibt knapp, anekdotisch und tagebuchähnlich über ihre Recherche und streut diverse Statistiken und Informationen über Unfälle im Straßenverkehr ein. Schließlich hat es mehrere tödliche Autounfälle in ihrer Familie gegeben.
Sie erzählt aber auch über ihre Beziehung zur Mutter, ihr Leben in Zürich und Berlin, ihre Reisen. Der Rassismus, unter dem in der Schweiz italienischstämmige Menschen (wie auch ihr Vater und sie) zu leiden hatten, wird sehr deutlich gemacht.
Ihr Buch ist nie rührselig, im Gegenteil oft sehr sachlich und hart im Ton. Ich bin der Recherche gern gefolgt. Sie ist bis auf wenige erzählerische Schlenker richtig spannend erzählt. Nach der „Marschallin“ ein weiteres hochinteressantes Buch über die erstaunliche Familie del Buono.
Vielen Dank an @vorablesen und @c.h.beckliteratur für das Leseexemplar!