Heftig

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penigram Avatar

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Ich bin ein großer Fan von Lehane und war entsprechend neugierig auf dieses Buch.
Auch dieses Mal bin ich alles andere als enttäuscht. Der Autor schafft es mit seinem klaren Schreibstil und seinen intelligenten Figurenzeichnungen, uns ins Amerika im Jahr 1974 zu versetzen. Soeben wurde die Rassentrennung an Bostoner Schulen aufgehoben, Schwarze und weiße Kinder sollen von nun an gemeinsam zur Schule gehen, und Lehane beschreibt erschütternd und doch nüchtern, wie die weiße Bevölkerung darauf reagiert.
Im Zuge dessen lernen wir Mary Pat kennen, und werden in ihre Lebensumstände hineinversetzt. Wir fiebern mit ihr mit, als sie sich auf die Suche nach ihrer verschwundenen Tochter Jules begibt, werden Zeugen ihres Wunsches nach Gerechtigkeit, und geraten mit ihr gemeinsam in diesen Strudel aus Gewalt, Rassenhass, und, als sie erfährt, was mit ihrer Tochter geschehen ist, Rache. Mary Pat ist keine Figur, die einfach ist, sie hat Ecken und Kanten, und bleibt dabei trotzdem lebendig und nachvollziehbar. Lehanes Figurenzeichnung hat mich beeindruckt.
Gewöhnen musste ich mich zunächst daran, dass das Buch im Präsens verfasst ist. Das lese ich doch eher selten so, aber nach kurzer Eingewöhnungszeit war ich vollkommen in der Handlung. Gefallen hat mir, dass Lehane nichts schönt. Sein Schreibstil ist klar, seine Wortwahl hart, was angesichts der behandelten Themen angemessen ist.
Eine erschütternde Lektüre, an deren Ende man mit einer Frage zurückbleibt: Werden wir je wirklich dazulernen?