Zu wenig Anleitung

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holdesschaf Avatar

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Durch das viele Lob und den fluffigen Klappentext habe ich mich von diesem Buch überzeugen lassen, was mir wohl nicht nochmal passieren wird. Es kann sein, dass Fans von wurzelwerk das anders sehen, aber ich bin doch sehr enttäuscht. Was ich für einen umfangreichen Ratgeber einer erfahrenen Selbstversorgerin hielt und vom renommierten Löwenzahn-Verlag erwartet hatte, entpuppt sich doch Seite für Seite mehr als gezwungen locker-flockig-trendiger Text darüber, wie schön es doch ist, sich selbst zu versorgen, Gesellschaft bei Tieren zu suchen, mit Hühnern zu kuscheln und dann doch mit zusätzlich gekauften Zutaten (Lab und ME-Kultur aus dem Online-Shop!) Frischkäse herzustellen.

Aber mal von vorne: Es klingt natürlich alles super romantisch, was die Autorin da von ihrem Selbstversorger-Leben berichtet, wie toll es für ihr Kind ist, so aufzuwachsen usw. Wer möchte nicht diese heile Welt unabhängig von großen Markenkonzernen und weit gereistem Gemüse. Es reicht aber nicht nur zu sagen, hey, schaut her, ich weiß wie es geht, man muss auch etwas dafür tun, dass die Leser dem Nacheifern können. Und genau hier fehlt mir in dem Buch so ziemlich alles: Konkrete Garten- und Anbaupläne, Skizzen oder zumindest Hinweise, wo man mit der Planung beginnen sollte sind so gut wie nicht vorhanden. Dafür gibt es ausführliche Porträts von 40 Gemüsesorten, die Neueinsteiger jedoch auch nicht weiterbringen dürften. Tipps zur Haltung und Unterbringung von Tieren, welche Tiere bringen mir welchen Nutzen, was wenn sie krank sind und wie komme ich an das Fleisch, wenn ich mit dem Huhn ausgekuschelt habe? Keine konkreten Anleitungen oder Hilfen. Zugute halten kann ich den Hinweis, dass Tiere pflegebedürftig und nicht jedermanns Sache sind. Am Ende dann schnell noch ein paar Rezepte. Für die Milch Ziegenfrischkäse, zum Einkochen eine Marmelade, Gemüsesuppe und Tomatensoße, zum Fermentieren Paprika, Bohnen und Sauerkraut, zum Brotbacken Sauerteig-Starterkultur, Sauerteigbrot, eine Sorte Brötchen, eine Sorte Baguette. Das war's!

Wer sich nun fragt, warum das Buch so viele Seiten hat... zum einen erzählt die Autorin gern und viel und malt uns ihren Alltag in den schillerndsten Wortphrasen aus ("In der Erde wühlen, jeden Tag unter freiem Himmel und inmitten von wuchernden Beeten verbringen? Für mich gibt es nichts Schöneres.") Zum anderen ziert beinahe jede zweite bis vierte Seite ein halb-bis ganzseitiges Foto ihrer selbst, wie sie strahlend in Sommerkleidchen oder mit Hut durch ihr Refugium streift und sich freut. Teilweise grenzt das schon ans Alberne, doch passt sich sehr gut Plattformen wie Instagram an, die hauptsächlich Bilder präsentieren. Die Kapitelübersicht vorn ist recht unübersichtlich gestaltet. Wer eine bestimmte Geschichte sucht, ist mit dem Register hinten etwas besser bedient.

Ein Pluspunkt des Buches, es ist sehr stabil und ökologisch hergestellt. Es gibt jedoch zahllose günstigere und informativere Bücher über Selbstversorgung, die dieses Kriterium auch erfüllen. Gnädige 2 Sterne