Eine berührende Geschichte über Veränderung, Verlust die Liebe und das Leben an sich

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kascha Avatar

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Für mich ist Emily Habecks Debütroman „Shark Heart“ ist eine wirklich außergewöhnliche Geschichte, wie ich sie lang nicht mehr gelesen habe.
Mit einer schönen und gleichzeitig surrealen Geschichte wirft sie tiefgreifende Fragen über Liebe, Verlust, Identität und Wandel auf und gibt so dem eigenen Geist beim Lesen gut was zum Denken.

Im Zentrum der Geschichte stehen Wren und Lewis, ein frisch verheiratetes Paar, dessen Beziehung auf eine harte Probe gestellt wird, als Lewis die Diagnose erhält, dass er sich innerhalb der nächsten Monate in einen Weißen Hai verwandeln wird. Dabei bleibt sein Bewusstsein erhalten – seine Erinnerungen, seine Gedanken, seine Gefühle bleiben menschlich, während sein Körper sich unaufhaltsam verändert.

Was auf den ersten Blick wie eine bizarre Fantasie klingt, entwickelt sich über die Geschichte zu einer - zumindest in meinen Augen - sehr kraftvollen wie poetischen Metapher. Habeck nutzt diese Verwandlung als Sinnbild für die radikalen, oft schmerzhaften Veränderungen, die das Leben für uns bereithält – sei es durch Krankheit, psychische Krisen, Abschiede oder andere Umbrüche, die uns Menschen so hart im Kern erschüttern können und vor denen wir nicht flüchten können. Die immer wiederkehrende Frage, was von einem Menschen bleibt, wenn sich alles Äußere verändert, durchzieht den Roman als einen der roten Fäden und schenkt ihm eine wirklich philosophische Tiefe, die mir persönlich sehr gefallen hat!

Rein formal ist „Shark Heart“ ebenso besonders, wie die Story, weil immer wieder klassische Prosa-Passagen mit theater-artigen Dialogformen, inneren Monologen, poetischen Einschüben und Rückblenden angereichert werden. Diese stilistische Vielfalt ist einzigartig und spiegelt meines Erachtens nicht nur die Zerrissenheit der Figuren, sondern auch Lewis' Liebe zum Theater wider.
Die innere Entwicklung von Wren ist wirklich stark gezeichnet. Während Lewis sich zunehmend in ein anderes Wesen verwandelt, ist es Wren, die mit den Folgen dieser Transformation leben lernen muss. Ganz ohne Ausweg. Ihre Geschichte ist geprägt von Trauer, innerem Ringen, aber auch einer starken und schmerzhaften Selbstfindung. Habeck zeichnet sie mit tollem Gespür für die vielen Grautöne eines ganzen Lebens. Wren ist eine Frau, die liebt, verliert, hadert – und dabei nie aufgibt - weder sich selbst, noch ihren Mann noch das Leben an sich. Auch die Geschichte ihrer Mutter Angela, die in Rückblenden erzählt wird, erweitert dieses emotionale Spektrum.

Meiner Meinung nach ist „Shark Heart“ weder ein klassischer Liebesroman, noch ein klassischer Roman generell. Für mich ist es ein literarisches Experiment, das uns Leser:innen (heraus)fordert (wenn wir das zulassen), aber in jedem Fall ganz tief berührt. Die Geschichte ist tragisch und zärtlich, schmerzhaft und hoffnungsvoll zugleich. Sie zeigt, wie Liebe sich verändert, wie Identität sich auflöst – und was es heißt, einen Menschen wirklich zu begleiten, auch wenn dieser nicht derselbe bleibt. Wer bereit ist, sich auf einen ungewöhnlichen und durchaus anspruchsvollen Text einzulassen, der nicht nur das Herz, sondern auch den Kopf anspricht, wird hier absolut glücklich!

Dieses Buch ist ein Gewinn - für das Herz, den Kopf und die Seele.