Ein Wandern zwischen Welten und Zeiten.

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Was gibts zu sagen? Mit der Story führt die Autorin in ein wenig beleuchtetes Kapitel der deutschen Geschichte ein. Sie schildert die Erfahrungen von Menschen, die ins Mahlwerk der Geschichte geraten sind und für den Rest ihres Lebens durch die traumatischen Erlebnisse geprägt werden. Es ist die Geschichte des zehnjährigen Josef, der die Vertreibung aus der Heimat und den Verlust seiner Familie am Ende des zweiten Weltkriegs erlebt. Dieses Trauma wird das Ganze Leben des Josef Ambacher und das seiner Tochter prägen. Als der Vater schon stark pflegebedürftig ist beginnt die Protagonistin die Geschichte Ihres Vaters aufzuschreiben und reflektiert dabei ihre eigene Kindheit. Und hier liegt die Stärke des Buches. Janesch erzählt in den Kapiteln abwechselnd von der Kindheit des Vaters zum Ende des zweiten Weltkrieges und der Kindheit der Ich-Erzählerin Anfang der 1990er Jahre. Ausdrucksstark schildert die Autorin dabei wie sehr die Erlebnisse des Vaters, auch die Kindheit der Tochter und Ihrer Freunde prägen. Es ist ein ganz besonderes Sozialgefüge in welchem die ehemals Zivilverschleppten und deren Nachkommen am Stadtrand in Mühlheide leben. Draußen die Welt der Westdeutschen „Normalos“ und innen die Welt der „Altsibirer“ mit Ihren Geschichten und kleinen Riten. Dieser erste Teil ist wunderbar schnörkellos, nicht moralisierend und in klarer Nüchternheit geschrieben. Erst als mit dem Zusammenbruch der UdSSR die „Aussiedler“ am Stadtrand eintreffen gerät dieses Sozialgefüge ins Wanken. Und leider auch der Text. So sehr man mit den beiden Figuren - Vater und Tochter - des Buchs anfangs noch mitgefiebert hat, verfängt die Autorin sich irgendwie in alltäglichem bzw. lässt die Geschehnisse alltäglich wirken. Dort wo der erste Teil das Seelenleben der beiden Protagonisten angekratzt hat erwartet man jetzt eigentlich ein tiefes eintauchen. Aber gerade hier fehlt leider der notwendige psychologische Tiefgang. Der Text bleibt deskriptiv. Wie und warum das Leben des Vaters dann das der Tochter prägt bleibt letztlich eher oberflächlich. Und das ist wirklich schade! Aber wegen der starken ersten Hälfte des Buches 3/5 Sternen.

Das Cover? Gefällt sehr gut. Eine Forelle wie auf einem colorierten Kupferstich - Ein alltäglicher, heimischer Fisch, aber durch die Farben und die Technik wie aus einer anderen Welt, aus einer anderen Zeit. Es beschreibt wunderbar den Seelenzustand der Protagonisten. Hätte doch auch der Text das mit dem notwendigen Tiefgang umgesetzt, es wäre ein großartiges Buch geworden.