Über Worte und Wirkung

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jiny Avatar

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"Germania. Das Wort meinte ihn, Josef. Sofort wurde es still. Das Wort hing über den Köpfen der Schüler und strahlte dort, wo mein Vater sich zusammen mit Tachawi Sarsenbayev und zwei anderen in eine Schuldanerkennung gezwängt hatte, noch ein wenig heller."

Es gibt sie immer wieder: Diese eine Geschichte, diese verrückte Protagonistin, diese besondere Sprache. Immer wieder entdecke ich Neues, wenn es um Literatur geht. Um Schreibkunst und so manchen Schmu, über den ich gerne hinwegsehe.
Allzu oft, wenn ich über von mir gelesene Bücher nachdenken darf, kommt mir einiges nicht mehr in den Sinn: Die vollständig chronologische Abfolge der Ereignisse, die Namen der Hauptcharaktere oder die der Orte. Vielmehr sind es Eigenheiten, die hängen bleiben und ein Gefühl für die Atmosphäre. Es sind Fragen, die ich mir stelle - noch nach Wochen. Und es sind Szenen, die sich in meinem Kopf verkanten. Gefühlsmäßige Ecksteine.
Dieses Buch ist voll davon: Es erzählt vom Zusammenfall von Verlust, Trauer und neuer Hoffnung. Erzählt von Kindern, ihren Vätern und Großeltern und dem, was bleibt, wenn alles gescheitert erscheint. Von neuen, aufgezwungenen Anfängen und dem Außenseiter-Sein, vom Moment, wenn dir die Worte fehlen. Und noch von so viel mehr, was all die Rezensionen vor mir viel besser chronologisch in Worte fassen können - deshalb schreibe ich davon nicht. Viel lieber schreibe ich über das, was mir geblieben ist aus dieser Geschichte: Die Liebe zu Worten.
"Josef? Ein Wort, bitte. Wort, slowo, söz.
Jawohl, Herr Lehrer, sagte Josef: Ein Wort, welches denn?"